Auf Malaria haben sie mich vorbereitet, auf Dengue. Auf Parasiten, die Durchfall verursachen, Lebensmittelsicherheit, gegen Tollwut und Hepatitis geimpft.
Und dann schnorchele ich für zwei Stunden und verbrenne mir den Rücken, dass ein Hummer neidisch würde.
Kaum zwei Stunden Schlaf, wegen des tollen Kaffees gestern. Nach längerem hin und her entscheide ich, zum Pier zu gehen, und die Fähre nach Atauro zu nehmen, einer Ost-Timor vorgelagerten Insel.
Der einzige andere Weiße auf der Fähre? Ein Deutscher, der für die GIZ arbeitet und hier zwei Wochen auf Besuch ist. Wir unterhalten uns über die Gesamtsituation und ich erfahre neben vieler anderer Dinge, dass hier im Hafen gerade drei chinesische Schiffe liegen, die beschlagnahmt wurden, nachdem Sea Shepherd sie der Wilderei überführen konnte. 10km lange Schleppnetze (legal sind 2.5km), Haifang, Schildkröten, schlimm. Die philippinische Besatzung harrt seit drei Monaten auf den Schiffen aus, kein Geld um heimzukommen und ohnehin unklar, ob sie angeklagt wird, die Kapitäne sind angeblich hinter Gittern. Die Hostelbetreiberin erzählt mir später, dass die Leute sehr wussten, was sie da tun, auch die einfache Crew, und deshalb keinerlei Mitleid verdient haben. Wer mehr dazu lesen will: hier.
Wir haben nur knappe fünf Stunden in Atauro und es ist Sonntag, also kein Fischerboot, das uns herumfahren kann. Also direkt am Pier schnorcheln, was fantastisch genug ist.
Für mich ist es ja das erste Mal überhaupt, dass ich schnorchle. Und schon bevor wir überhaupt ins Wasser gehen die erste Entdeckung: eine Seeschlange, zu Deutsch „Nattern-Plattschwanz„, Baby-Edition einen Meter vom Ufer entfernt. GoPro ins Wasser gehalten und gefilmt, immer schön vorsichtig, denn die Viecher sind äußerst giftig. Am Ende hat das Tier aber mehr Angst vor uns als umgekehrt und gräbt sich in ein Loch im Boden.
Die nächsten zwei Stunden hole ich mir den ausgiebigsten Sonnenbrand meines Lebens, während ich Korallen in allen Formen und Farben erforsche.
Es ist wundervoll und vielleicht will ich doch irgendwann nochmal einen Tauchschein machen. „Du denkst hier sei es Toll? Geh mal dort rüber“ ruft mir eine Australierin vom nahe gelegenen Pier zu, und dort ist es tatsächlich noch einmal spektakulärer. Ich begegne drei Clownfischen, kein Nemo sondern ein „Orange Fin Anemonefish“, süße kleine Dinger die es wirklich überhaupt nicht einsehen, dass ich in ihrem Revier herumschwimme.
Und während ich mich noch wundere, warum die Tiere nicht scheu sind, beißt mich eines davon schon in den Finger.
Zum Mittagessen zurück zum „Dive Resort“, einer kleinen Hüttenansammlung wo sich zwei Dutzend Tourist*innen tummeln, danach kommt die Flut herein und das Wasser ist zu trübe, um noch einmal raus zu gehen. Schade, denn nun scheint auch die Sonne, was die Sicht natürlich noch einmal deutlich verbessern würde!
Im Nachhinein bin ich natürlich darüber heilfroh, sonst hätte ich vermutlich den Tag mit Verbrennungen zweiten Grades beendet.
Der Deutsche Begleiter und ich trinken zwei Bier und unterhalten uns, schließlich warten wir eine dreiviertelstunde auf die Fähre („Die Fähre geht um drei aber seid um zwei da weil manchmal fährt sie einfach unangekündigt früher los!“). Der Seegang ist stark aber irgendwann landen wir wieder in Dili an, wo wir in kleinen Nussschalen an Land gebracht werden.
Der Sonnenbrand ist inzwischen wirklich schlimm, aber dem Rat der Rezeptionistin, in die Klinik zu fahren, will ich dann doch nicht folgen. Im Backpacker-Hostel ist die Antwort einfacher, ein netter Schotte der hier schon lange lebt, führt mich zu einer Aloe-Pflanze ums Eck. Das hilft ein bisschen, zusätzlich kaufe ich im Supermarkt Kokosöl. Insgesamt hat man aber viel Mitleid mit mir und schließlich legt mir Kym, die Australische Betreiberin, ein eiskaltes Handtuch um die Schultern.
Um zehn nach Hause, dort das nasse Handtuch noch zwei Mal in die Gefriertruhe geworfen und eine wirklich unruhige und schmerzhafte Nacht.
Der Montag wäre fast ereignislos verlaufen, hätte ich während zwei Meetings eine entzündete Wunde an der Ferse entdeckt, deren Herkunft unklar ist. „Kann alles sein, aufpassen vor Parasiten und Korallen-Schnitten“, also doch in die Klinik. Die hat der Malteser-Orden erst kürzlich eröffnet und das Geschäftsmodell sagt mir durchaus zu: Konsultation für Ausländer 50 Dollar, für Timores*innen kostenlos.
Sieht alles nicht allzu schlimm aus, man drückt mir Paracetamol in die Hand und desinfiziert die Wunde mit Jod. Danach ein Meeting im Hotel nebenan und Einkaufen für morgen.
Es ist nämlich so: Wir wissen nicht genau, wie die Nahrungssituation im Feld so aussieht. Wie ist es mit Frühstück? Mittagessen? Abend? Also kaufen wir, was man eben so mitnehmen kann in einem Land wo es warm und feucht ist und Kühlschränke zum absoluten Luxus gehören: Kekse, Chips, abgepacktes Brot, Erdnussbutter, Cracker, H-Milch und Cornflakes. Mein Blutzuckerspiegel tanzt vor Freude.
Weil die Schmerzen in der Ferse nicht besser werden, fahre ich zur Apotheke. Denen ist die Jodsalbe ausgegangen, aber sie haben noch einen Mix aus Cortison und Antibiotika im Angebot. Nach kurzer Rücksprache mit einem alten Schulfreund/Jetzt Arzt nehme ich das.
Rest des Abends: Pommes, weil ich mir mit all dem anderen Scheiss nicht auch noch den Magen gefährden will, Packen, Bett. 7 Uhr abfahrt ins Feld.
(P.S: Das Leben der Menschen hier, die Politik, alles, verdient einen ganz eigenen Eintrag, an dem ich parallel etwas schreibe.)