Das gute an Melatonin ist, dass man selbst in einer völlig unterschiedlichen Zeitzone zielgenau 30 Minuten nach Einnahme einschlafen kann. Das schlechte: Es verhindert nicht, dass man fünf Stunden später wieder aufwacht.
Und so beginnt mein erster Morgen in Südostasien um 3:45.
Dreieinhalb Wochen werde ich hier verbringen. Dazu noch ein paar Tage in der Luft.
Der Reiseplan dieses Mal: Wieder nach Timor-Leste. Dort so lange bleiben, bis alle Arbeit erledigt ist. Mit etwas Glück habe ich dann noch eine Woche, um Indonesien zu erkunden. Da mein letzter Ausflug in diese Gefilde im Krankenhaus geendet ist, bin ich dieses Mal deutlich besser vorbereitet. Vermutlich zu gut. Moskitonetz (mit Klebehaken für die Decke), Malaria-Prophylaxe für 30 Tage. Mittel gegen jede Art von Magenbeschwerden, verschiedene Mineralien und noch mehr Nahrungsergänzungsmittel. Melatonin zum einschlafen und Modafinil zum wachbleiben (beides gegen Jetlag). Insektenspray für die Haut (DEET) und für die Kleidung (Permethrin). Pflaster und Jodsalbe. (Letztere gab es letztes Mal nicht in der Apotheke und ich musste stattdessen eine Antibiotika-Kortison-Creme kaufen…). Sonnencreme sowieso, nochmal verbrenne ich mir nicht den gesamten Rücken, wie im Januar als ich dummerweise 2 Stunden ungeschützt schnorcheln war.
Die ersten 18 Stunden habe ich bereits hinter mich gebracht. Von Tegel über Amsterdam, dann auftanken in Singapur und schließlich lande ich in Denpasar, Bali. 12 Stunden Zwischenstopp.
Meinen ersten Drama-Moment habe ich allerdings schon am Flughafen Amsterdam. Ich bin gerade aus dem Flieger von Berlin raus, da fällt mir ein, dass ich meinen Kindle zurückgelassen habe. Der ist gerade mal sieben Monate alt, denn das gleiche war mir schon auf dem Rückflug aus Bangkok im Februar passiert. Aber noch ärgerlicher: die nächsten vier Wochen keinerlei Möglichkeit, ein Buch zu lesen! Nach einer kleinen Odyssee über mehrere Stationen können die netten Menschen vom KLM-Lost-And-Found mir dann aber helfen. Glück gehabt!
Der nächste Fuckup: Beim Simkartenwechseln ist irgendwie meine timoresische SIM abhanden gekommen. Immerhin nicht die Deutsche. Wer mich übrigens auf dieser anrufen möchte: Keine Chance solange ich in Timor bin, es gibt keinerlei Roaming-Abkommen.
Am Flughafen Denpasar angekommen, komme ich dieses Mal erstaunlich unaufgeregt durch die Passkontrolle. Letztes Mal war das irgendwie mit mehr Fragen und Nerverei verbunden. Heute guckt die Schalterbeamtin kaum auf meinen Pass bevor sie ihren Stempel reindrückt.
Nachdem ich eine halbe Ewigkeit auf meinen Koffer warten muss (mit zwei Mal Alarmsirene weil das Förderband hängt), tappe ich fast in die nächste Dummheit: Der Geldautomat gibt erst das Geld und dann erst auf ein „OK“-Drücken hin die Karte aus. Zum Glück weist mich ein Security-Mann darauf hin, sonst hätte ich nun eine Kreditkarte weniger.
Das Hotel am Flughafen ist außerordentlich nah, der Weg dahin dauert aber länger, weil man slalom um die aufdringlichen Taxifahrer laufen muss. Aber nett dort. Familienbetrieb mit sehr netter Betreiberin, sauberes Zimmer, keine 15 Euro die Nacht, 5 Minuten Fußweg und leise. Wirklich erstaunlich leise. Flugzeuge sind keine zu hören, dafür morgens dann etwas Hahnengekrähe.
Einchecken, noch fix was essen gehen (unaufregendes Nasi Campur). Der Strand sind auch nur ein paar hundert Meter. Also spaziere ich noch kurz dort hin und begegne auf dem Weg diesem Israel-Liebenden Waschsalon, der mich ein wenig ratlos zurücklässt.
2mg Melatonin, einschlafen. Nach fünf Stunden aufwachen, noch weitere zwei im Bett rumlümmeln. Modafinil zum Aufwachen (Hey, das ist eine Ausnahmesituation. Keinerlei Grund zur Sorge über meinen Substanzgebrauch!), danach ein bisschen Sport. Um 6:30 gehe ich Frühstück suchen und werde bei einem größeren Hotel fündig, das Buffet anbietet, das aufgrund seiner Zusammenstellung erwähnenswert ist:
- Obst: Melone und andere Melone, sowie Obstsalat mit großem Melonenanteil.
- Salat zum selbst zusammenstellen.
- Rührei: Größtenteils (oder ganz?) aus Eiweiß.
- Reis, Reis mit Gemüse, Mie Goreng (Nudeln mit Gemüse), Schweinefleisch in Sauce.
- Toast mit Butter und Marmelade.
- „Indonesische Smoothies“, die vor allem aus Nektar bestehen und dementsprechend arg Wasser/Zuckerhaltig schmecken
- Reisbrei mit Dingen zum selber draufstreuen: Frühlingszwiebeln, Röstzwiebeln, trockene Hühnerfleischfetzen.
- Eine Suppe, die ich leider nicht probiert habe.
Eine gute Mischung aus „Fuck yeah, lecker!“ und „Wtf?“, vor allem aber massiv untersalzen, alles. Doppelte Ironie dass ich dann auf dem Weg zurück zum Hotel im Mini-Supermarkt diese Limo entdecke. Und mich fragte, warum sie existiert.
Ansonsten bin ich etwas enttäuscht, dass von hier aus kein Bus fährt.
Und dann geht es auch schon los zum Flughafen. Die Taxi-Drängler von gestern nicken mir heute freundlich zu, schließlich bin ich ja auf dem Weg hinein und nicht heraus. Checkin geht schnell und problemlos, auch das war letztes Mal, sofern ich mich richtig erinnere, etwas nerviger und so bin ich zwei Stunden vor Abflug bei den Gates.
Ich hole mir noch einen Kaffee und setze mich in die wohl schönste Flughafen-Raucherlounge die ich kenne. Ich bin ja nun wahrlich nicht glücklich über meine Nikotinsucht, aber hier lässt sie sich wenigstens ganz gut aushalten.
Ich schnorre mir vom Menschen der für das Saubermachen zuständig ist, Feuer. Er fragt mich, woher ich komme, ich sage Deutschland und er fragt ob ich zwei Euromünzen gegen Rupiah tauschen möchte. Natürlich, und zum wohl freiwillig unvorteilhaftesten Tauschkurs des Jahres.
Ich browse noch etwas im Internet und bemerke, dass hier im WLAN überall Reddit gesperrt ist. Mobil geht’s aber. Entweder die Zensurpolitik ist besonders seltsam oder mein Handyvertrag (Google Fi) macht da irgendwas besonderes per VPN oder so.
Und dann geht es auch schon ab nach Dili. Mein Sitznachbar im Flugzeug bekreuztigt sich, dabei bin ich in der einen Airline auf dieser Strecke unterwegs, die nicht wegen Sicherheitsbedenken von der EU auf die schwarze Liste gesetzt wurde.