Wieder einmal muss ich feststellen: Sightseeing ist im Großen und Ganzen nichts für mich. Und so fand ich es auch in Bangkok viel spannender, Seitenstraßen entlang zu laufen, oder Reisende im zentralen Bahnhof zu fotografieren, als den Touristenströmen zu folgen.
Vier Tage Bangkok und ich habe nicht einmal einen Bruchteil gesehen. Mit Verspätung komme ich an, der Fahrer bescheißt mich erstmal um 300 Baht und als ich bei meinem Gastgeber eingecheckt und geduscht habe, ist es schon späterer Nachmittag. Das Tolle: Ich habe eine Unterkunft in einem luxuriösen Apartmentkomplex direkt am Chaopraya River. Mit eigener Fähre, die halbstündlich den Fluss zur Skytrain-Station überquert, mit drei Pools und zwei Fitnessräumen.
Erste Station: Baan Pad Thai. Wer zufällig in der Nähe sein sollte, dem sei eine dringende Empfehlung ausgesprochen, denn das Krebs-Pad Thai ist vorzüglich, der Klebreis mit Mango ebenfalls. Im Laufe der nächsten Tage werde ich hier auch noch Wasserkastanien mit geräuchertem Kokossirup auf rasiertem Eis (wie zur Hölle übersetzt man „Shaved Ice“ richtig?) essen, auch das ist super.
Danach geht’s an einem Hindu-Tempel vorbei, bei dem ich vor allem damit beschäftigt bin, während der laufenden Zeremonie nicht im Weg zu stehen und den Gläubigen gegenüber Respektvoll zu sein. Menschen legen Bananen und andere Dinge auf Schalen, bringen sie nach und nach zu einem Priester, der wischt sie schwungvoll in einen großen Korb. Ernste Frage, weil ich dort niemandem selbige stellen wollte (und mangels Sprachkenntnis auch konnte, wo kommen die ganzen Opfergaben hin? Verrotten die im Tempel und werden dann entsorgt? Religionen verwirren mich.
Als nächstes unterschätze ich einfach mal massiv die Größe dieser Stadt. Ich habe nämlich mein Deo vergessen und weil ich eines aus Naturprodukten will, mache ich tatsächlich einen Lush aus, sieht auch recht kurz auf der Karte aus und ich bin ca 90 Minuten zu Fuß unterwegs. Auf dem Rückweg dann Skytrain. Werbung für konzentrierte Hühnerbrühe, die Energie geben soll, Werbung für Winter-Wunderland im Harry Potter Style bei der Mall in der ich gerade war, Werbung für Deutschland. Eine siebentägige Tour durch Highlights wie Limburg, Wuppertal und Bad Oeynhausen. Ich staune.
Abends: Der eine Pool des Apartment-Komplexes ist ein Infinity-Pool mit Flussblick. Hier kann ich’s aushalten. Danach früh ins Bett weil massive Übermüdung.
Tag 2: Besagtes Sightseeing. Ich gehe in einen Park, in dem Echsen herumlaufen sollen. Die finde ich dann auch und staune ob der Größe, als ein älterer Mann vorbei kommt und sagt „Is baby. Big one over there!“. Ja, und da sind dann auch große, und vor allem fette Warane, die mich auf etwa zwei Meter heran lassen bevor sie sich in den See zurückziehen.
Weiter zum zentralen Bahnhof. Im Internet weit und breit empfohlen als tollen Ort für Fotografie. Und so ist es tatsächlich. Das Licht ist fantastisch und Menschen, die auf Reisen sind, sind auch stets ein tolles Subjekt.
Von hier aus ist es nicht weit nach Chinatown und dort soll ein toller Streetfood-Wagen mit Michelin-Empfehlung sein. Ist er aber nicht, zumindest nicht um diese Uhrzeit. Dafür entdecke ich einen anderen Laden mit längerer Schlange von Locals, und ja, der ist auch gut. Suppe mit verschiedenem Schweinefleisch und gerollten Nudeln sowie Schweinerippchen in Curry.
Danach: Eine goldene Statue und der Königspalast. Dürfen sich gerne andere Menschen für begeistern.
Mit dem Boot zurück ins Apartment, Sonnenuntergang im Pool.
Danach: Nahm. Ich hatte vor, mir etwas besonderes zu gönnen und dieses Restaurant ist in den „Asia’s 50 best Restuarants“ ganz vorne mit dabei als bestes Thai-Restaurant. Einen Michelin-Stern hat es auch. Das Zehn-Gänge-Menü (eigentlich drei Gänge aber dann jeweils verschiedene Speisen) kostet 60 Euro, das ist eigentlich ziemlich in Ordnung. Ich jammere hier auf hohem Niveau, aber leider kann mich das Restaurant nicht von den Socken hauen. Es ist „Okay“. Gutes Essen, aber eben nicht „oh mein Gott was ist das, das ist ja der Wahnsinn“.
Ich würde ja jetzt gerne einzeln berichten, aber nicht alle Gerichte stehen auf der Karte und die Bedienungen sprechen nicht ausreichend gutes Englisch, als dass man jede einzelne Beschreibung zu hundert Prozent verstehen könnte. Hier aber ein Versuch mit Punktebewertung:
Vorspeisen: Sensationell!
Amuse-Bouche: Ananas-Stücke mit Tamarinden-Irgendwas. 7,5/10
Knuspriges Eiernetz mit Garnelen, Wilden Mandeln und Kaffirlimette 8,5/10
Röllchen (ich weiss nicht mehr was drin war): 8/10
Betelblätter mit Hummerfleisch: 10/10
Fisch-Irgendwas im Bananenblatt: 8/10
Klare Brühe mit Gegrillter Taube, Pilzen, Tapiokaperlen und Krabben: 10/10
Hauptspeisen: Na ja.
Frittierte Shrimps mit Kokos-Krebs-Sauce: 7,5/10
Ochsenschwanz-Curry: 7/10
Grüner Mangosalat mit Sauren Blättern und gegrilltem Schweinefleisch: 7,5/10
Gedämpfte Korallenforelle mit Bang Rak Gelben Bohnen und eingelegtem Knoblauch: 7,5/10
Nachspeisen: Ganz gut
Birne mit irgendwas süß-scharfem: 8/10
Obst: Naja, obst (unter anderem Cashew-Äpfel)
Gekochte Kokosmilch mit Obst und Reis und in Kokosmilch gekochtem Tapioka: 9/10
Irgendein Obst auf süßem Granita 6/10, die Kekse dazu waren aber toll
Ach und ein Cocktail, der TomYamTini heisst, und eben mit den Gewürzen einer Tom Yam Gung-Suppe gemacht ist. War ganz nett.
Danach geht es noch auf eine Skybar, in der man für den Blick bezahlt. Der ist nämlich fantastisch, die Cocktails sind so völlig überteuert und mittelmäßig.
Anschließend: Bett.
Ich wache auf und die Sonne brät. Heute werde ich tatsächlich nicht allzu viel tun. Ich gehe vor die Tür, um etwas zu essen, das mein lokaler Asia-Imbiss in der Schanze so auch hinkriegt und begebe mich spätnachmittags in die Stadt um meinen Chef zu treffen, der Geschäftlich seit einiger Zeit in Asien weilt. Wir trinken zunächst eine Kleinigkeit in einem französischen Restaurant, bevor wir die Straße herunter Thai essen gehen, denn meine Regel „nur lokales Essen während ich in Asien bin“ ist mehr oder weniger strikt.
Es gibt:
Trockene knusprige Rindfleischstreifen mit scharfer Sauce und Kräutern: 9/10
Würste, die aus fermentiertem Schweinefleisch gemacht werden (8,5/10) mit eingelegtem Ingwer (11/10)
Riesengarnelen in Curry: 8,5/10
Rindfleischstreifen mit Kräutern (weder das Foto ist scharf noch das Essen): 9/10
Gebratener Tofu (Auch nicht scharf): 7,5/10
Makrelen in Fischsauce: 6,5/10
Obst mit Erdbeergelee drin: 6/10
Insgesamt also eine tolle Sache und längst nicht so teuer wie Nahm.
Danach: Cocktail. Ich trinke einen Tom Ka Kai, die haben’s hier irgendwie mit ihren Suppen und daraus abgeleiteten Cocktails. Die Technik, den Drink in einer Plastiktüte abzufüllen, damit sie vom Eis gekühlt aber nicht verwässert werden, kann ich so allerdings nicht ganz empfehlen, das ist auf die letzten Tropfen eine ziemliche Schlürferei.
Am nächsten Tag: Treffen mit meinem Chef bei der UNO. Ich bin schon in der Stadt, um noch einmal tolle Fotos am Bahnhof zu machen. Unter anderem ist gerade ein Hochzeitspaar dabei, Fotos von sich machen zu lassen.
Dann bekomme ich die Nachricht: 14:30, Pass mitbringen und keine Sandalen!
Prima. Sandalen habe ich an, Pass nicht dabei. Ich fotografiere noch ein paar Minuten und schätze die Zeit, die man in dieser Stadt mit Verkehr zubringt, wieder einmal grandios falsch ein. Statt „eben zum Apartment, Pass holen, was essen, pünktlich dasein“ muss ich mir das Essen klemmen, teilweise mit dem Taxi fahren und schließlich durch den strömenden Regen rennen, um 45 Minuten zu spät am UNO-Gebäude anzukommen.
Nettes Gespräch, danach wieder eine kleine Fresskalation, denn mein Chef beschließt, dass ich „Giant River Prawns“ probieren muss. Wir sitzen am Fluss unweit der King Rama VIII Bridge
Und es gibt:
Satay-Spieße (7,5/10 aber die eingelegten Gurken dazu waren super)
Kokos-Smoothie (Enttäuschend)
Gemüse (Enttäuschend)
Crab Cakes mit Sauer-Scharfer Sauce (7/10)
Gegrillten Fisch mit süß-sauerer Sauce (7,5/10)
Giant River Prawns (8,5/10)
Alles in allem überteuert und touristisch aber andererseits auch jammern auf hohem Niveau.
Mit dem Taxi geht’s zurück zum Apartment, noch schnell packen und dann schlafen, ich muss um 3:30 Aufstehen und zum Flughafen, zwei Tage Bali!
Alles in Allem habe ich in Bangkok vor allem viel verpasst. Fotos machen, Dinge sehen. Touriviertel? Nicht mal in der Nähe gewesen. Andererseits erinnere ich mich noch gut an die Städte in Vietnam, und wie begeistert ich vom Leben auf den Straßen in Saigon (und auch Hanoi) ich war. Hier ist das irgendwie anders. Bangkok hat mich nicht umgehauen und nur in Teilen dieses Gefühl von „In der Fremde Wohlfühlen“ ausgelöst. Nach vier Tagen Saigon war ich bereit, dort hin zu ziehen. Nach vier Tagen Bangkok bin ich erstmal wieder ganz froh, weg zu sein…
Die Stadt „Bangkok “ heisst eigentlich กรุงเทพมหานคร อมรรัตนโกสินทร์ มหินทรายุธยามหาดิลก ภพนพรัตน์ราชธานีบุรีรมย์ อุดมราชนิเวศน์ มหาสถานอมรพิมาน อวตารสถิต สักกะทัตติยะ วิษณุกรรมประสิทธิ์
das heisst: „Stadt der Devas, große Stadt und Residenz des heiligen Juwels Indras Smaragd-Buddha, uneinnehmbare Stadt des Gottes, große Hauptstadt der Welt, geschmückt mit neun wertvollen Edelsteinen, reich an gewaltigen königlichen Palästen, die dem himmlischen Heim des wiedergeborenen Gottes gleichen, Stadt, die von Indra geschenkt und von Vishvakarman gebaut wurde.“