Auslandskrankenversicherungen

Da liegst du also im Staub, im Dreck. In einem fremden Land, weit ab von einem Arzt, dem du wirklich vertrauen kannst. Sind nur die Knochen gebrochen? Oder hast du auch innere Blutungen? Werden sie das im Krankenhaus nachprüfen? (Spoiler: wenn du Glück hast!) Und wie kommst du überhaupt in eines?

Ich habe das alles durchgemacht. Unfall in Indonesien, auf einer wenig bevölkerten Insel namens Sumba. Von Locals mit Bambus geschient, im LKW ins Krankenhaus. Evakuationsflug nach Bali, dort OP, dann zehn Tage später von einem deutschen Arzt und Rettungsassistenten abgeholt worden, mit Business Class (und Blasenkathether, irgendwas ist ja immer) nach Hause geflogen worden. Gesamtkosten: mehr als 55.000 Euro. Mein Beitrag: 17 Euro im Jahr. Auslandskrankenversicherung sei dank.
Ich hatte da übrigens Glück, die richtige ausgewählt zu haben. Welche das ist werde ich unten noch kurz erwähnen, aber ich möchte hier keine Werbung machen, auch wenn es eben nicht egal ist, welche man auswählt, denn es gibt Unterschiede, auch bei den großen Versicherern und vor allem in den Tarifen.

Da gibt’s erstmal das „Wann zahlen die?“. Immer? Auch bei Sportunfällen? Wie ist es mit Tauchen? (Selbst wenn ja: die deutschen gesetzlichen Versicherungen zahlen die Nachbehandlung zuhause nicht, zum Tauchen will man nochmal eine Extra-Versicherung.) Skifahren? Ist Bergrettung dabei? Das kann man ja alles einfach nachlesen.

Was nicht so einfach ist: Wann wird eigentlich evakuiert? Hier gibt es nämlich zwei Modalitäten. Im einen Fall muss der Rücktransport „medizinisch Notwendig“ sein. Das ist aber blöd, weil es nämlich bedeutet: solang die Versicherung sich irgendwie drum drücken kann, wird sie es auch tun.
Die bessere Variante: „medizinisch sinnvoll“. Ich weiss nicht, wo die Grenzen verlaufen, aber man will „sinnvoll“. Die paar Euro sind es wert.

Generell ist es ja so, dass die Versicherungen gar nichts selbst machen. Das sind reine Makler. Die rufen dann bei einer sogenannten Assistance-Firma an, die wiederum ist global vernetzt mit Partnerfirmen. Meine Versicherung meldete sich also bei Roland Assistance in Köln, die wiederum riefen Global Assistance oder so an, die wiederum hatten Kontakt zu Medivac Asia (mit Basis in Jakarta und auf Bali) und von da aus wurde ich dann mit einem Privatflieger abgeholt.
Das heisst wichtig ist wirklich nur, was gezahlt wird, weil die alle eh mit den gleichen Partnern zusammen arbeiten und hinterher halt die Rechnung begleichen. Und die kann eben teuer werden.

  • 2 Tage Krankenhaus in Waingapu, Sumba, Indonesien: ca 300 Euro (easy)
  • Evakuationsflug von Waingapu nach Denpasar, Bali: ca 22000 Euro (nich so easy)
  • Operation plus 10 Tage Krankenhaus auf Bali: ca 18000 Euro. (uff)
  • Heimflug in Business Class inklusive Flüge für deutschen Notarzt und Rettungsassistent: ca 13000 Euro. (nochmal uff)

Und so weiter. Und das kann sich noch potenzieren. Du musst beatmet werden? Es muss alles schnell gehen? Du hast Angehörige dabei, für die die Reise jetzt auch vorbei ist? Das kann alles sehr schnell sehr teuer werden. Ich meine hier nicht ein paar hundert Euro. Eher so hunderttausende.

In meiner Versicherung auch mit drin (und wirklich Gold wert gewesen):

  • Gepäck-Rücktransport. Der Unfall passierte nicht in der Nähe meines Hotels, mir wurde mein Gepäck ins Krankenhaus gebracht. Die Kosten wurden übernommen.
  • Angehörigen-Reisekosten: Meine Schwester besuchte mich im Krankenhaus in Bali. Da meine Aufenthaltszeit dort mehr als vier Tage war, wurde ihr Flug bezahlt
  • Man übernahm als Service-Leistung die Organisation von Bargeld. Mit meinem Koffer brachte mir der Kurier also auch noch umgerechnet 100 Euro ins Krankenhaus, damit ich mir Essen und andere Dinge bestellen konnte.

Und das alles für 17 Euro im Jahr für Reisen bis zu 56 Tage am Stück. (Auch mehrere Reisen im Jahr, so lange du nach den jeweils 56 Tagen mindestens einen Tag zuhause bist und das auch nachweisen kannst)

Meine Krankenversicherung war die Hansemerkur, ich fand sie super. Was du wählst ist mir egal, ich bekomme hier kein Geld, drum verlinke ich sie auch nicht. Ich will nur informieren.

Achja. Sag nicht einfach „Ich pass einfach auf“. Kannste nämlich nich. Und mein Fall war jetzt auch eher „Günstig“. Hätte auch sein können, dass man mich mit Privatjet hätte heimfliegen müssen. 7000 Euro pro Flugstunde. Bei ca 20 Flugstunden pro Strecke und weil das Ding hin und zurück muss sind wir locker bei 40*700=280.000 Euro. Plus Kosten von Ärzten. Sag Tschüss zu deinem Traum, jemals eine kleine Eigentumswohnung besitzen zu können.

Zufällige Fakten und Geschichten aus Timor-Leste

In drei Wochen Osttimor sammeln sich einige Geschichten an, die in anderen Blogposts keine Verwendung finden oder zwischenzeitlich vergessen wurden. Deshalb ist dies ein kleiner Sammelpost mit Anekdoten, Beobachtungen, Geschichten und Verwundernissen.

  • Obwohl die offizielle Religion das Christentum (vor allem Katholizismus) ist, halten sich im Land tiefe animistische Traditionen. Wahrsagerei aus Innereien, Tieropfer zu Feierlichkeiten oder Bäume, an denen Placentas gehängt werden. Letzteres ist ein Ritual, das der Vater des Kindes durchführt. Man verspricht sich damit viel Glück für das Kind. Zudem werden Gegenstände hinzu gegeben, die in Verbindung damit stehen, was man wünscht. Soll das Kind also einmal schlau und gebildet werden, fügt man Bücher und Stifte hinzu.
  • Die Landessprache in Timor ist Tetum. Tetum ist eine austronesische Sprache, hat sich aber sehr viele portugiesische Lehnwörter eingeheimst. So sagt man zum Beispiel für „vielen Dank“ (je nach Adressat/in) Obrigadu/Obrigada Barak. Obrigadu/a kommt aus dem Portugiesischen (ist dort aber lustigerweise umgekehrt, sprich das Geschlecht des Wortes hängt von der sprechenden Person und nicht von der adressierten ab), Barak bedeutet „Viel“.
  • In Tetum heisst „Malae“ fremd/fremder. Alle Ausländer*innen sind Malae (und wenn man ausserhalb des Stadtzentrums von Dili ist, wo Malaes extrem häufig vorkommen, gilt man gerade unter Kindern als Sensation. Aber Menschen sind nicht alles, was Malae ist. Schafe zum Beispiel heissen „Bibi-Malae“, was so viel wie „Fremde Ziege“ bedeutet. Kühe sind Karau-Malae, also fremde Büffel.
  • Ich habe es tatsächlich geschafft, Postkarten nach Hause zu schicken. Ob sie jemals ankommen ist ungewiss. Timor hat kein Postsystem und bis vor kurzem auch keine Straßennamen. Hausnummern sowieso nicht. Das ist insofern besonders schwierig, weil Einladungen zu Meetings in bestimmten Kreisen nicht per Mail angenommen werden. Also gibt es vermutlich zu jedem Zeitpunkt des Tages 50-100 Fahrer, die ausgedruckte, unterschriebene Meeting-Einladungen durch die Stadt karren, von Ministerium zu Ministerium oder zu NGOs etc. Ein Bekannter erzählte mir, er habe mal ein Paket aus dem Ausland erhalten. Da es ja keine Adressen gibt, kam es nicht bei ihm an, sondern bei einem Ministerium. Dort lag es 3 Wochen lang rum, bis ein Mitarbeiter das Paket entdeckte und sah „oh, den Adressaten kenn ich, dem sage ich mal bescheid“
  • Timor-Leste ist unfassbar teuer. Und ich meine nicht mal „teuer im Vergleich zu Südostasien“, sondern generell. Das Problem ist, dass mit der Mission der UN nach der Unabhängigkeit astronomische Preiss erzielt werden konnten und einige Timoresen unglaublich reich geworden sind. Das hat nur die Ungleichheit im Land erhöht, aber dadurch dass Mieten in Dili astronomisch sind (ein Häuschen nach westlichem Standard in einer gated community kostet zwischen 3000 und 5000 Dollar im Monat aber auch schon zum Beispiel mein Apartment, 40qm mit eher mäßigen sanitären Einrichtungen und ohne Fenster wären 750 im Monat gewesen), ist alles andere genauso teuer. Ein Nasi Goreng im indonesischen Warung schlägt mit 3 Dollar zu buche, was mehr als drei Mal so teuer ist wie in Indonesien. Eine Pizza in einem westlichen Restaurant: 15 Dollar. Jetzt würde ich mich grundsätzlich nicht beschweren, wenn das Geld dem Lande zugute käme, aber profitieren tun eben nur einige Besitzer, die das Geld dann auch schnell genug ausser Landes schaffen. Ein Lehrer verdient in Timor-Leste 250 Dollar im Monat, eine Haushälterin ca 150.
  • Der Nationalstolz hier ist anders als jeder andere, den ich bisher gesehen habe. Er ist von einem Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit geprägt, nicht von einer Abgrenzung oder einem „besser sein“ gegenüber anderen. Nach dem versuchten Genozid von 1999 ist man froh, sein Land aufbauen zu können und trägt das mit Stolz vor sich her.
  • Der öffentliche Verkehr läuft vor allen mit Kleinbussen, sogenannten Mikrolets. Wer übers Land fährt findet ab und zu auch einen größeren Bus oder stellt sich hinten auf eine LKW-Ladefläche. Die Busse sind abenteuerlich bemalt. Oft mit Krokodilen (dem Nationalsymbol) oder mit religiöser Symbolik. Vorne drauf steht oft in 90er-Jahre-Farbverlauf-Schillerschrift der Name des Fahrers. Oder sein Spitzname. Mr. Black, Maun Jose, etc.
    Ich habe aber auch einen Bus gesehen (leider nicht fotografiert), auf dem stand in großen Lettern BATMAN. Darunter ein blauer Davidstern auf weißem Grund.
  • Am Strand von Dili laufen Fischverkäufer rum. Ich musste gleich mehreren Tourist*innen eindringlich davon abraten, den Fisch zu verkaufen, weil dieser nämlich, um länger frisch auszusehen, mit Formaldehyd behandelt wird.
  • Wer Dili gesehen hat, der versteht, warum dieses Plakat vermutlich das prätenziöseste Ding der Welt ist. Es zeigt einen modernen westlichen Bürokomplex mit Flaniermeile davor und Shops von Louis Vuitton, Armani, D&G und Chanel im Erdgeschoss. Eventuell wird ja ein neues Bürogebäude gebaut, aber von diesen Shops ist Timor-Leste nun wahrlich Lichtjahre entfernt.

  • In Timor-Leste ist die Versorgung mit Dingen immer so ein bisschen Abhängig von der Saison. Sodawasser (also Sprudel, von Schweppes) gibt es zum Beispiel gerade nur noch in zwei mir bekannten Supermärkten, als ich ankam waren es noch vier. In der Dili Expats-Facebook-Gruppe gab es einen langen Thread darüber, wo man denn gerade Butter bekommen kann. Und so weiter. Für locals ohnehin unerreichbar aber selbst die Expat-Szene (ca 3000-5000 Leute im Land) hat manchmal so ihre Nachschubschwierigkeiten.
  • In Dili alleine gibt es 134 Krokodile, die in Hinterhöfen gehalten werden. (Quelle: Ein Survey, der vor einigen Jahren mal gemacht wurde)
  • Drei dieser Krokodile sind auf dem Gelände der Nationalpolizei untergebracht. Wenn man mit einem Hühnchen (gerne auch gefroren) ankommt, kann man eines davon füttern. Das haben wir gemacht. Diese Krokodile bekommen etwa 20 Hühnchen am Tag und lungern ansonsten in kleinen Pools herum. Das fühlt zwar wie Tierquälerei an, aber auch in der Natur haben Krokodile sehr wenig Bewegungsradius und gerade die großen Tiere bleiben am liebesten an einer Stelle. Mir wurde erklärt, das sei also vermutlich nicht soo schlimm wie man erst denken würde.
  • Die Malaes die lange genug da sind, haben allesamt Horrorgeschichten von der Zeit nach dem versuchten Genozid durch die Indonesier zu erzählen. (Die alten Timoresen bestimmt auch aber mit denen habe ich mich leider nicht so viel unterhalten können, schon gar nicht über diese Themen). Solche „Kleinigkeiten“ wie „Ja in dem Hinterhof da drüben haben wir im Brunnen 15 Leichen gefunden“. Das Hotel in dem ich anfangs war, war wohl zu Besatzungszeiten auch ein Folter-Ort. Als es nach der Unabhängigkeit übernommen wurde, waren die Abwasserrohre verstopft. Der hinzugerufene australische Klempner fand haufenweise Beweise für Folter und Mord. Zudem fand man riesige Mengen Methamphetamin, was man wohl den Milizenkämpfern gegeben hatte.
  • Eine andere Geschichte die ich hörte, ist dass jemand Xanana Guzmao, den Rebellenführer, fragte was er denn dazu sage, dass die indonesischen Milizen alle straflos davon gekommen sei, und es eine Aussöhnungspolitik ohne Schuldzuweisungen und Konsequenzen für Menschenrechtsverbrechen gegeben habe? Seine Antwort war simpel: „Du warst noch nie im Krieg. Niemand ist unschuldig.“
  • Wenn man hier zur richtigen Jahreszeit (Juli-Oktober) hier auf Whalewatching-Touren mitfährt hat man eine gute Chance, Blauwale zu sehen. Ja, fucking Blauwale.
  • Das ganze Land ist nur per Richtfunk und Satellit ans Internet angebunden. Internet hier ist sauteuer und unglaublich langsam. Eine Glasfaser liegt schon quasi an der Landesgrenze und es gibt seit Jahren Pläne, Unterseekabel nach Australien zu verlegen. Woran es scheitert weiss niemand so genau, aber es muss wohl einige Menschen geben, die dieses System sehr sehr reich macht. So hörte ich, dass die Regierung etwa 1 Mio Dollar ausgibt, um in den Ministerien und Institutionen Internet zu haben. Da es hier aber keine Regulierung gibt, wird das Netz dort benutzt, um Youtube zu gucken und auf Facebook zu browsen, so dass es so langsam ist, dass jede Abteilung im Ministerium sich per Mobilfunk nochmal extra Internet holt. Die kosten dafür? Angeblich 42 Mio Dollar im Jahr. Vermutlich bekommen die entsprechenden hochrangigen Regierungsoffiziellen von den Telekommunikationskonzernen entsprechende Dankeschöns, und so kann das mit der Faser auch noch eine ganze Zeit warten.
  • Der Grund warum ich in Timor war, ist ja dass wir dort zusammen mit Partnern ein digitales Bezahlsystem einführen wollen. Das ist auch dringend nötig, denn das derzeitige Bankensystem ist eine Katastrophe. Hier ist die Schlange zum Geldabheben an der Zentrale der Banco National Commercial de Timor-Leste an keinem besonderen Tag. Ein typischer Lehrer im Hinterland nimmt sich einen Tag im Monat frei, fährt/läuft drei Stunden zur Bank, steht dort 2-3 Stunden an und fährt wieder heim, nur um sein Gehalt abzuholen. 
  • Baugerüste sind hier zum Teil aus Bambus. Angesichts der Möglichkeiten jetzt nicht unfassbar überraschend, sieht aber interessant aus. 

An Accident, an Evacuation and everything in between. A protocol

I probably cried out louder than it hurt but you need some way of drawing attention to your situation.

Tuesday, ca 2:30pm. Location: Pantai Mundu, The Island of Sumba, Nusa Tenggara Timur, Indonesia. A nice beach, a little north of Waingapu. Sumba is a large, but barely inhabited island. Double the size of Bali but only 18 percent of hte population. I have lunch at one of the rare beach resorts and meet a nice dutch couple. We talk about the adventures we are experiencing here. Then the two go for a swim and I get back onto my scooter.

Tuesday, around 3:00pm. I have been on my scooter for about five minutes, when swerve off the road. How? I don’t know it. The second of shock has overridden my memory. I can only remember falling down a slope for about two meters. Crashing. Noticing that my leg is broken. And how i start screaming. I scream my head off. Not because i am in pain, that part is managed by the adrenaline. But because i can’t see anybody and i’m praying that somebody will hear me.

Only a few seconds later people appear. I can only half remember, but it doesn’t take long and it’s about ten people around me. One pulls off my shoe. A truck is waved down. I say „Ambulans, Ambulans, Hospital, Hospital“ and they answer something in Bahasa Indonesia which I don’t understand but somehow interpret as „Boy, you don’t seriously believe that we can get an ambulance in time? We’ll make sure you’re provisionally patched up and then this truck will take you into town.“
Well. My leg is put in a makeshift splint out of four bamboo sticks and some cloth. Then i am carried into the truck.

 

Why did I take pictures? Well, first of all I was able to. Second this is the fastest way of saving the geo-coordinates of a place. And I’d need that for later. I manage to let the people know that one of my camera lenses is still in the helmet compartment of the scooter and that they should rather throw away the bananas in there, too. Then we hit the road.

I don’t know why but incidentally the voice recorder app of my smartphone turned itself on about an hour ago. It records the end of the conversation with the dutch couple, the crash, the situation afterwards, everything until i am in the x-ray chamber of the hospital. Maybe i’ll evaluate that later.

In any case i’m now on the passenger seat of the truck. My my foot is set against the wall, losely strapped to the headrest with some rubber band. My head is in the lap of the driver.

Every few seconds I say some variation of „OWWWW!“. The road is partially bumpy, the way is far. As soon as we get an internet connection i start functioning.
I post a picture on facebook and the additional text „Vacation over, leg broken“. I contact the first person who likes this and whom i’m closer to via messenger. „You have to helf me. I don’t know the name of my travel healthcare insurance. Try X and ask if I am a customer. I’m not? Shit. Then try Y“. By the time I arrive at the hospital I have my insurance number. In the mean time I call my hotel, Wera Beach. A beautiful place but i’ll write more about that another time.
Natasha is french, speaks fluent Bahasa Indonesia and will help me in the following days to a degree that surpasses the expectable by a lot. She tells the Truck driver what to do. All will be good. She promises me that the hospital is decent and I don’t have to worry. She is friends with some of the doctors here and she will visit me as soon as possible.

Tuesday, around 4:30 PM: Four employees of the hospital and the truck driver lift me onto a hospital bed. I am being helped. I am provisionally treated, receive water (during the truck ride I wasn’t feeling too well because I was dehydrated), i am being checked up. The first good news: I was panicking that my foot might have to be amputated. That panic was unwarranted. The bamboo splint is replaced by something more professional. Then I am pushed into the X-Ray-Chamber. Without any radiation protection. But well.

After that i’m back to the admission room. The other guy from the Wera Beach Hospital (i’m sorry, i forgot the name) comes and brings me my stuff. He tells me not to worry. Somebody will make sure that the whole situation with the scooter is dealt with.

I contact my sister (Siân), who immediately contacts the healthcare insurance.
Finally a doctor comes to explain the situation. My shin (Tibia) is broken as well as my collar bone (clavicula).

The fractures aren’t complicated but there are no means in this hospital to operate this appropriately. The only way to treat me is putting my leg into a full cast and sending me to Bali.
The casting process has to happen under general anaesthesia as a partial anaesthesia would mean I wouldn’t be transportable in the next day.

The people here are handling me in a moving way. Everybody is incredibly worried, because I am a bule (white guy) and it doesn’t happen that often that people like me are seen here. Also everybody wants to reassure themselves over and over to make sure they are doing everything right.

After waking up from anaesthesia i am brought into a room. Unfortunately all VIP rooms are booked out. Meaning the ones with air conditioning. So I have to settle with a ventilator. The people who built this hospital obviously didn’t think about making the doors wide enough. I therefore have to be carried into my room. I jokingly say that i’m a „bule besar dan berat“ (a big and heavy white guy) and that is well-received.
The room: well, see for yourself.

We are in an area with a high risk for malaria and there are mosquitos flying through the room. Here and there you can also see an ant.
The whole concept of privacy is also a little difficult as well as the need for rest. All around the clock there are noises outside, people talking loud, laughing. My emergency bell is broken, so i always have to shout for help or make some noise but even then it sometimes takes five minutes until somebody hears me.

At least Ara is put in charge of me. He is a nurse who usually works in the operation room, who speaks good english and is a terribly nice guy.
He washes me (on the surface). He also helps me to remove my t-shirt that is completely ripped. I’ll keep it as a souvenir. He puts it into a bag together with my shoe. The other shoe has been taken from me at the place of the accident and when we left they forgot to give it to me. Fortunately I have other problems.

Wednesday, around 6am: I wake up. By saying that Ara washed me on the surface I mean that I have been lying on grass and dirt all night, because it was still sticking to my back. It will still take some hours until somebody cleans my back completely. My hair will be sandy for days and that I am being cleaned doesn’t mean that I don’t find a piece of grass or dirt somewhere on my body later.

Wednesday, around Noon: It is 6am in Germany and my sister wakes up. So far I haven’t heard anything from the insurance. In the course of the next four hours she will raise hell and make sure that I get an evacuation flight. Turns out, that the wrong information and data was passed on, which means the flight hasn’t been organized yet. The next bad news: The airport in Waingapu closes at 5pm. No exceptions. After that time there are no starts and landings possible. A evacuation flight to Darwin, Bali or Singapore could therefore land but not take off again. I have to wait for the next day.

There’s not much happening throughout the day. I coordinate thousands of things. Parts of my luggage have to be brought here from Tambolaka (4 hours drive time). But I only can organize this as soon as I know my evacuation time and at that point it is almost too late to find a driver who is willing to go. With the help of Natasha (the hotel lady) we manage to finally reach somebody.

Siân is increasing the pressure. She’s certainly doing a hero’s job. Barely sleeping, taking a day off work and who knows without her i just might not be alive anymore or still stuck in this hospital from hell. She tells so many people how to do their job. That i need a thrombosis prophylaxis. That i actaully should be checkt for organ damage with ultrasound. All sorts of things. What a great sister to have!

In the mean time I am increasingly annoyed by the lack of privacy. Everybody wants to test their English on me, stands in my room for way too long and invents shady reasons to come in in the first place. As I need to take a pee a nurse gives me a plastic bottle only to stare at my penis until i finally manage to send him away.

The quality here is ambiguous. The doctors are doing an amazing job if you keep their possibilities in mind. The nurses are mainly suffering from a language and culture barrier. Everybody is insanely nice to me. One nurse goes shopping for biscuits for me. For dinner, Ara goes to a local warung (restaurant) and picks up Goat-Saté and fried chicken and refuses to get paid.

They are all trying so insanely hard but still, I want to leave, it is hell.

Wednesday, 7pm: The modalities for the evacuation are clear. I am going to be picked up tomorrow at 9:30 am and flown to Bali. Originally it was supposed to be Darwin or Singapore (because of the medical standards) but the hospital in Bali is akay, too and here they can guarantee me a faster surgery appointment. In order to be transported my cast has to be cut open to leave some room. Off to the operating room where the thing is milled open and wrapped with a stretch bandage. When I return to my station, the people can’t be assed to carry me back into my room and therefore put me into a four-bed-room where I am alone. Without a ventilator. My bed is put next to a wall that has its own ant trail. After I’ve been annoying my nurses enough they put a standing fan into my room. This works but it also comes with a certain risk of catching a cold. At 11pm my luggage is finally brought. I am endlessly relieved that at least this part has been handled.

Thursday, 8am: I haven’t slept too well and I got bitten by several mosquitos. Fortunately I’m taking Malarone which is malaria prophylaxis. I had told my hospital this, but they didn’t think it was necessary to give them to me yesterday and I myself was too tired and exhausted to care. Oh by the way: caring and being exhausted? They only offer me to brush my teeth once a day…

Thursday, 9:30am: The medivac team is there. The hospital in Waingapu thanks my insurance for their letter of intent to absorb all costs, but still want to see cash from me. Well. I hand my credit card to the medivac guy, tell him my PIN and send him to the nearest ATM. Then we’re ready to leave. I am placed into a vacuum mattress which I actually find quite comfy. Then a final tour with waving and smiling through the hospital compound and off to the ambulance.

A few minutes past 11 we are at the aircraft,

a Beechcraft 1900d turboprop.

Of course the airport had to check our luggage first and do all sorts of other beaurocratic things because this theater doesn’t even stop in light of a medical emergency.

As soon as we reach a certain height the vacuum mattress doesn’t work that well. It breaks away multiple times, has to be pumped again and again. I’m not sure if it is the height or whether this thing is just defective. But the aircraft is for sure extremely cold. We fly at 15000 feet and that’s exactly how it feels. I only have a small blanket, the medivac team put my travel towel over me, but that’s it. As we arrive in Bali i’m half frozen and feeling weird as i’ve just been in a head-down position for the whole 30 minutes the aircraft took to approach and land at DPS airport.

Thursday, 3pm: I have arrived at BIMC hospital. I have been x-rayed and checked with ultrasound. Which they didn’t do in Waingapu, so it would have totally been possible that I could have had internal bleeding. I haven’t eaten for almost 24 hours because i have to fast for the surgery. This surgery however takes its time because the operation room is occupied by an emergency. At 9pm it is finally happeneing. 54 hours after my crash I am finally being screwed and sewn up.

It can only get better now.

Mein Unfall, meine Evakuation und alles dazwischen. Ein Protokoll.

Ich habe vermutlich lauter geschrien als es weh tat, aber irgendwie muss man ja auf sich aufmerksam machen.

Dienstag, ca 14:30. Ort: Sumba, Pantai Mundu. Ein schöner Strand, etwas nördlich von Waingapu. Ich esse zu Mittag, treffe ein nettes Niederländisches Ehepaar, unterhalte mich über die schönen Abenteuer, die ich hier erlebe. Dann gehen die Beiden schwimmen, ich steige auf meinen Roller.

Dienstag, ca 15:00. Ich bin etwa fünf Minuten unterwegs, da komme ich von der Straße ab. Wie? ich weiss es nicht mehr. Die Schocksekunde hat mein Gedächtnis überschrieben. Ich weiss nur noch wie ich 2m die Böschung runtersegle. Wie ich aufkomme. Wie ich merke, dass mein Bein gebrochen ist. Wie ich anfange zu schreien. Ich schreie wie am Spieß. Nicht, weil es weh tut, das regelt das Adrenalin schon. Sondern weil ich niemanden sehe und bete, dass irgendwer mich hört.

Wenige Sekunden später tauchen Menschen auf. Ich kann mich nur so halb erinnern, aber es dauert nicht lang, da stehen etwa 10 Leute um mich herum. Einer zieht mir den Schuh aus, es wird ein LKW herangewunken. Ich sage „Ambulans, Ambulans, Hospital, Hospital“ und die sagen irgendwas in Bahasa Indonesia zurück, was ich nicht verstehe aber als „Junge, du glaubst doch nicht dass hier rechtzeitig ein Krankenwagen ankommt. Wir verarzten dich jetzt notdürftig und dann fährst du hier auf dem LKW mit in die Stadt“.
Nun gut. Mein Bein wird mit Bambus geschient,

dann werde ich den LKW getragen.

Warum ich Fotos gemacht habe? Nun, erstens konnte ich es, es hat mich ein bisschen abgelenkt und ich hatte ja eh nix zu tun; Zweitens ist das die schnellste Möglichkeit, GPS-Daten eines Ortes abzuspeichern. Und die brauche ich noch für später.
Ich schaffe es noch, den Leuten mitzuteilen, dass mein eines Kamera-Objektiv im Helmfach des Rollers liegt und dass sie besser die Bananen, die dort ebenfalls liegen, wegtun sollen. Dann geht’s los.

Ich weiss nicht warum, aber aus versehen hat sich schon vor etwa einer Stunde eine Tonaufnahmen-App in meinem Handy eingeschaltet. Sie zeichnet das Ende des Gesprächst mit den Holländern, den Crash, die Situation danach, alles bis ich im Krankenhaus beim Röntgen liege, auf. Vielleicht werte ich das irgendwann mal separat aus.

Auf jeden Fall liege ich auf dem Beifahrersitz des LKWs, mein Bein gegen die Wand. Mein Kopf quasi im Schoß des Fahrers. Und alle paar Sekunden sage ich „AUAAAA!“. Die Straße ist teilweise holprig. Der Weg ist weit. Sobald wir Internet kriegen, fange ich an, zu funktionieren.
Ich poste auf Facebook ein Bild und den dazugehörigen Text: „Urlaub Vorbei, Bein gebrochen“. Die erste Person, die das Liked und der ich näher stehe, schreibe ich per Messenger an. „Du musst mir helfen. Du musst die XY-Versicherung bei der Reisekrankenversicherungshotline anrufen und fragen ob ich Kunde bin. Ja bin ich nicht? Shit. Dann versuch es mal mit YZ“. Als ich im Krankenhaus ankomme habe ich eine Versicherungsnummer. In der Zwischenzeit telefoniere ich mit meinem Hotel. Wera Beach. Ein wunderschönes Ding, aber dazu ein ander Mal.
Natasha ist Französin, spricht Bahasa und hilft mir in den nächsten Tagen in einem Maße, das das Erwartbare deutlich übersteigt. Sie gibt dem LKW-Fahrer Anweisungen, alles wird gut. Sie versichert mir, das Krankenhaus sei halbwegs gut und ich müsse mir keine Sorgen machen. Sie sei mit einigen der Ärzte hier befreundet und sie käme sobald es geht vorbei.

Dienstag, ca 16:30. Vier Krankenhausmitarbeiter und der LKW-Fahrer hieven mich auf ein Krankenhausbett. Mir wird geholfen. Ich werde notdürftig versorgt, erhalte Wasser (im LKW geht es mir dank Wassermangel sehr schlecht), man untersucht mich. Die erste gute Nachricht: meine Panik, der Fuß müsse amputiert werden, ist unbegründet. Ich werde schließlich in den Röntgen geschoben, dort wird meine Schulter und mein Bein aufgenommen. Übrigens ohne Strahlenschutz. Aber nun.

 

Ich liege wieder im Aufnahmezimmer, der andere Mensch vom Hotel (auch Franzose, Name vergessen) kommt und bringt mir meine Sachen. Ich solle mir keine Sorgen machen. Das mit dem Roller und alles wird sich schon regeln.

Ich kontaktiere meine Schwester (Siân), die sich sofort mit der Krankenversicherung in Verbindung setzt.
Endlich kommt ein Arzt, der mir die Situation erklärt. Mein Schienbein ist gebrochen, dazu das Schlüsselbein. Es sind keine komplizierten Brüche, aber hier hat man keine Mittel, um zu operieren. Man könne hier nur das komplette Bein eingipsen und mich dann nach Bali schicken.
Das eingipsen müsse unter Vollnarkose passieren. Denn wenn ich teilnarkotisiert werde, bin ich am nächsten Tag nicht transportfähig.

Es wird sich rührend um mich gekümmert. Alle sind unglaublich besorgt, denn ich bin ein Bule (Weißer) und uns sieht man hier nicht so oft und ausserdem will man tausend mal sichergehen dass man alles richtig macht.

Als ich nach der Anästhesie aufwache, werde ich in ein Zimmer gebracht. Ja, leider sind alle VIP-Räume ausgebucht. Also die mit Klimaanlage. ich müsse mit Ventilator vorlieb nehmen.
Beim Bau des Krankenhauses hat niemand daran gedacht, die Türen breit genug zu machen. Drum muss ich quasi ins Zimmer reingetragen werden. Ich witzele dass ich ein „bule besar dan berat“ (ein großer und schwerer Weißer) bin, das kommt gut an. Das Zimmer… Nun, seht selbst

Wir befinden uns im Malaria-Hochrisikogebiet und es fliegen vereinzelt Mücken durchs Zimmer. Hier und da sehe ich auch eine Ameise.
Mit Privatsphäre hat man’s hier nicht so, und mit Ruhebedürfnis auch nicht. Zu jeder Tages- und Nachtzeit wird auf dem Gang gelärmt, laut gelacht, geklopft… Meine Notrufklingel ist kaputt, so muss ich immer laut schreien und gegen einen Metalltisch klopfen, aber selbst dann dauert es mitunter fünf Minuten, bis mich jemand hört.

Immerhin bekomme ich Ara zur Seite gestellt, einen OP-Raum-Krankenpfleger, der gutes Englisch spricht und irre nett ist. Er wäscht mich. Oberflächlich. Ausserdem zieht er mir mein T-Shirt aus, was ohnehin total zerfetzt ist. Ich werde es als Andenken behalten. Er packt es zusammen mit dem einen Schuh, den ich noch besite, in eine Tüte. Der andere Schuh wurde mir am Unfallort abgenommen und man hat vergessen, ihn mir mitzugeben. Ich habe aber zum Glück andere Probleme.

Mittwoch, ca 6 Uhr: Ich wache auf. Mit „Oberflächlich“ meine ich „Oberflächlich, denn ich habe die gesamte Nacht auf Gras und Staub geschlafen, der noch an meinem Rücken geklebt hat. Es wird auch noch mehrere Stunden brauchen, bis mir jemand den Rücken sauber macht. Meine Haare sind noch Tagelang voller Sand und dass ich sauber gemacht wurde bedeutet nicht, dass ich im Laufe des Tages nicht immer mal wieder noch irgendwo einen Grashalm oder ähnliches an mir finde.

Mittwoch, ca 12:00 – In Deutschland ist es 6 Uhr morgens und meine Schwester wacht auf. Bisher habe ich noch nichts von der Versicherung gehört. In den nächsten vier Stunden wird sie allen möglichen Leuten die Hölle heiß machen, dass ich endlich einen Evakuierungsflug bekomme. Stellt sich raus, es wurden falsche Infos und falsche Daten weitergegeben. Als man endlich so weit ist, die nächste Hiobsbotschaft: Der Flughafen Waingapu schließt um 17 Uhr. Keine Ausnahmen. Danach sind keine Starts und Landungen mehr möglich. Ein Evakuationsflug aus Darwin, Bali oder Singapur hätte also noch landen, aber nich wieder starten können. Ich muss auf den nächsten Tag warten.

Über den Tag hinweg passiert nicht viel. Ich koordinieren tausend Dinge. Ein Teil meines Gepäcks muss von Tambolaka (4 Stunden fahrzeit) hierher gebracht werden. Das kann ich aber erst veranlassen wenn ich den Evakuierungszeitpunkt habe und dann ist es fast zu spät, dass ein Fahrer wirklich noch losfährt. Mit Hilfe der Hotelbetreiberin erreichen wir schließlich noch wen.
Siân macht inzwischen weiter Dampf. Sie macht wirklich einen Heldenjob. Schläft kaum, hat sich einen Tag von der Arbeit freigenommen und wer weiß, ohne sie wäre ich vielleicht gar nicht mehr lebendig oder immer noch in diesem Krankenhaus aus der Hölle. Sie erzählt so vielen Leuten, wie sie ihren Job machen sollen. Dass ich Thromboseprophylaxe brauche, dass ich eigentlich per Ultraschall untersucht werden sollte, alles mögliche. Top Schwester, gerne wieder.

Unterdessen bin ich zunehmend genervt von mangelnder Privatsphäre. Alle wollen ihr englisch an mir Testen und stehen unnötig lange in meinem Zimmer rum und nutzen völlig fadenscheinige Gründe, um reinzukommen. Als ich pinkeln muss gibt mir mein Krankenpfleger eine Plastikflasche, nur um dann minutenlang auf meinen Penis zu glotzen bis ich ihn endlich verscheucht kriege.

Die Qualität hier schwankt hart. Die Ärzt*innen tun einen sensationellen Job angesichts ihrer Mittel. Die Krankenpfleger*innen haben vor allem eine Sprach- und Kulturbarriere. Alle kümmern sich unendlich lieb um mich. So geht die eine für mich Kekse einkaufen, Ara besorgt mir Ziegen-Saté-Spieße und frittiertes Hühnchen zum Abendessen (und weigert sich, dafür bezahlt zu werden).

Sie sind unendlich bemüht um mich, und dennoch, ich möchte hier raus, es ist die Hölle.

Mittwoch 19 Uhr: die Modalitäten für die Evakuation sind klar. Ich werde morgen früh um 9:30 abgeholt und nach Bali geflogen. Eigentlich sollte es ja Darwin oder Singapur sein (wegen der Medizinischen Standards) aber das Krankenhaus in Bali ist auch okay und hier kann man mir eine schnellere OP garantieren. Um transportfähig zu bleiben, muss mein Gips zerschnitten werden, damit mehr Spiel ist. Nun gut. Ab in den OP, dann wird das Ding aufgefräst und mit einem Stretchverband umwickelt. Als ich zurück auf meine Station komme, ist es den Leuten zu blöd, mich mal wieder in das kleine Zimmer zu hieven. Und so bekomme ich ein Vierbettzimmer, in dem ich alleine liege. Ohne Deckenventilator. Mein Bett wird direkt an eine Wand geschoben, an der eine Ameisenstraße entlang läuft. Nach mehrfachem Nerven stellen sie mir endlich einen Standventilator ins Zimmer, der zwar funktioniert, aber durchaus Erkältungspotenzial mit sich bringt.
Um 23 Uhr wird mein Gepäck gebracht. Ich bin so unendlich glücklich, dass wenigstens dieser Teil steht.

Donnnerstag, 8 Uhr morgens: Ich habe mäßig geschlafen und mir mehrere Mückenstiche zugezogen. Zum Glück nehme ich Malaria-Prophylaxe. Das hatte ich übrigens auch dem Krankenhaus mitgeteilt, die haben es aber nicht für nötig gehalten, mir das gestern zu geben. Und selbst war ich zu fertig um daran zu denken. Apropos zu fertig, apropos nötig halten: Zähne geputzt wird hier auch nur einmal am Tag.

Donnerstag ca 9:30. Das Medivac-Team ist da. Das Krankenhaus in Waingapu bedankt sich herzlich für die Kostenübernahme die meine Versicherung geschickt hat und will trotzdem Bargeld von mir. Nun gut. Ich schicke den Medivac-Menschen nochmal eben mit meiner PIN zum Kartenautomat und dann kann es losgehen. Man packt mich in eine vakuum-Matratze, das ist sogar halbwegs bequem. Dann noch eine Tour mit winken und lächeln durchs Krankenhaus und ab in den Krankenwagen.

Kurz nach 11 sind wir auch schon am Flugzeug,

einer Beechcraft 1900d Turboprop-Maschine.

Klar musste der Flughafen erstmal mein Gepäck durchleuchten und was nicht alles für Bürokratie, weil dieses Theater nicht mal vor einer medizinischen Notsituation halt macht.

In der Luft hält so eine Vakuum-Matratze übrigens nicht so geil. Mehrfach bricht sie weg, muss neu aabgesaugt werden. Ob das an der Höhe liegt oder das Ding einfach defekt ist weiss ich nicht. Auf jeden Fall heizt die Maschine nicht und mir ist wirklich arschkalt. Wir fliegen auf 15000 Fuß und so fühlt es sich auch an, ich habe nur eine kleine Decke, dazu wird mir mein Handtuch übergelegt das ich glücklicherweise im Rucksack habe. So komme ich als halber Eisklotz auf Bali an, 30 Minuten Landeanflug mit Kopf nach Hinten unten geneigt inklusive.

Donnerstag, 15:00 Ich bin in Bali im BIMC Hospital angekommen. Wurde geröntgt und per Ultraschall untersucht. Das hat man bislang auch versäumt, es hätte also durchaus sein können, dass ich noch interne Verletzungen habe. Meine schürfwunden wurden endlich mal fachmännisch versorgt (vorher eher mit „Och das is doch nix“ abgetan) und ich habe ein ordentliches Einzelzimmer mit Klimaanlage. Ich habe seit fast 24 Stunden nichts gegessen weil „für die OP nüchtern bleiben“. Diese OP zieht sich aber noch ein bisschen, weil Notfall. Um 21 Uhr ist es dann so weit. 54 Stunden nach meinem Crash. Ich werde ordentlich verschraubt und genäht. Ab jetzt geht es nur noch aufwärts.

Nachtrag, Januar 2021:

Noch immer schicke ich ab und zu Leuten diesen Bericht. Da er noch vor der OP endet, hier ein kurzes Update:

Es gab zwei Metallplatten, die eine im Schlüsselbein musste dann nochmal in Deutschland ersetzt werden. Ich war insgesamt 8 Tage in Bali im Krankenhaus, an Tag 3 kam spontan meine Schwester, die sich quasi-sofort in den Flieger gesetzt hatte, um mir Beistand zu leisten. Als ich wieder Reisefähig war, ging es in der Business Class mit Arzt- und Rettungsassistenz-Begleitung zurück nach Deutschland. Da wie gesagt nochmal OP, nochmal 11 Tage Krankenhaus. Nach insgesamt 21 Tagen dann nach Hause, 6 Wochen Rollstuhl, dann insgesamt über ein Jahr Reha. Im März 2021 kamen meine Platten raus und die Spätschäden sind vergleichsweise gering. Hoffe ich zumindest. Motorrad werde ich vermutlich nie wieder fahren.

Adara, Tag 2

Das iPhone ist weg! Mit all den tollen Erinnerungen! Ich suche und suche, durchwühle mein Zimmer und meine Tasche. War ich dumm genug, es in der Hosentasche zu lassen als ich vorhin nochmal schnorcheln war? Geklaut wird es niemand haben. Oder vielleicht eines der Nachbarkinder?

Unter der Hütte, unter dem Bett: nirgends. Gerade als ich fast aufgeben will, taucht es auf. Es ist von der Hüttenveranda gefallen und liegt im Sand hinter einem Holzblock. Ein Glück!

Aufstehen wollte ich kurz nach sieben, Frühstück um halb 8. Aber ich habe verpeilt, den Wecker zu stellen und eigentlich ist das alles auch gar nicht so schlimm.

Gegen 8 esse ich ein Brötchen mit kaltem Omelette, danach gehe ich nochmal schnorcheln. Die Masken, die hier verliehen werden, passen noch schlechter als meine eigene und als ich mich mitten im Meer übergeben muss, weil ich Salzwasser in der Lunge habe, entscheide ich mich dafür, es bei einer kürzeren Tour zu belassen. Immerhin: das Riff ist immer noch der Wahnsinn. Ich finde eine Stelle, an der die Wand nicht so ganz vertikal abfällt und der Ausblick auf die Unterwasserwelt ist sagenhaft.

Um halb 11 geht es zurück. Anderthalb Stunden in einem Fischerboot.

80 Dollar, die wir uns zu dritt teilen, aber niemand von uns wäre fähig, nochmal die drei Stunden durch die Hitze zurück zu wandern.

Der Trip ist wunderschön,es gibt einiges an der Küste zu sehen.

 

Felsen,

Strände,

kleine Dörfer.

Etwa zwanzig Minuten nachdem wir in See stechen fällt mir auf: ich habe meine Badeshorts vergessen! Am Ende der Welt! Ich hatte sie zum trocknen auf die Steine am Strand gelegt und in der Aufbruchshektik liegen lassen.

Zum Glück haben wir einen Plan und tatsächlich werde das Ding ich mit viel herumtelefoniererei morgen wieder in der Hand halten.

Bei Barry‘s Place am Hafen in Beloi essen wir nochmal zu Mittag, dann geht‘s für mich mit der Fähre zurück während meine Begleiter*innen etwas später mit einem Schnellboot fahren.

In Dili angekommen, schnell geduscht, auf zum Hostel. Denn es gibt noch einen Plan für den Abend. (in einem anderen Blogpost)

Adara, Atauro Island

„Weckt mich einfach auf, wenn irgendwas passiert“.

Ich liege in der Hängematte in Adara. Auf der Nordseite von Atauro, der Insel, die Timor vorgelagert ist.

Hier hin zu kommen war ein mittelgroßes Unterfangen. 7 Uhr aufstehen (nach knappen 6 Stunden Schlaf), auf zum Hafen.

Dieses Mal will ich mit der lokalen Fähre fahren: Nakroma-Berlin. Aus Deutschland gestiftet. Kostet 4 Dollar, im vergleich zu den 18, die man mit dem Schnellboot berappen muss, dauert dafür deutlich länger. Da die Fähre aber pünktlich ablegt, die „Dragon Star Ferry“ aber meistens nicht, ist man dann doch nicht so viel länger unterwegs.

Ich komme am Hafen an, das Boarding hat bereits begonnen. Alle haben Tickets in der Hand, ich laufe mit einem Geldschein durch die Menge. „haha, der Malae hat nur Geld und kein Ticket“, höre ich von einer Timoresin. Tatsächlich: ausgebucht. Ich beeile mich zum Schnellboot und – oh Wunder – das legt dieses Mal pünktlich ab.

Schnell noch reinspringen, los, eine Stunde später bin ich in Beloi, an der Südseite von Atauro, wo ich letztes Mal tauchen und schnorcheln war.

Ich begegne einer Australierin und einem US-Amerikaner, die ebenfalls nach Adara wollen und so machen wir uns, mit einer ausgedruckten Karte auf den Weg.

Es ist heiß. Verdammt heiß. Und der Weg führt direkt den Berg hinauf, ohne ein winziges bisschen Schatten, dafür aber mit netter Aussicht.

Wir kommen an diesem creepy Baum vorbei, bei dem wir nicht komplett sicher sind, was davon Menschenhand und was Natur ist (diese Verfärbungen haben alle Bäume hier).

Normalerweise kann man die Hälfte der Strecke ein Auto nehmen, aber das Auto ist gerade kaputt. Und so geht‘s eben zu fuß.

Zwölfeinhalb Kilometer wird meine Uhr am ende anzeigen, knappe drei Stunden sind wir unterwegs. Ein kleiner Teil im Schatten, dafür wird hier mehr geklettert als gewandert.

Es geht durch Trampelpfade und weniger getrampelte Pfade. Über Zäune,

Berg auf, berg ab,

schließlich 2KM durch halbhohes Gras am Strand entlang,

bis wir schließlich leicht erschöpft und extrem hungrig bei Mario‘s Place ankommen.

Ich bekomme einen Bungalow zugewiesen, aber wenn die Mücken hier nicht wären, würde ich vermutlich die Hängematte wählen, in der ich meine kaputten Füße ausruhe, etwas lese und schließlich auf meinem iPhone den ersten Teil dieses Posts schreibe.

Mobilfunknetz gibt‘s hier keins. Strom nur teilweise, sprich ein Solarpanel sorgt für nächtliche Beleuchtung. Dafür Meer, Strand, Kokospalmen und Korallenriff.

Nach dem Essen (Ei, Gemüse, Reis, Instant-Mie-Nudeln und ein paar gebratene Kartoffeln  in Pommesform), versuche ich weiter in der Hängematte zu chillen, aber die Sonne brennt zu heiß.

Mein Begleiterpaar ist in seiner Hütte verschwunden, meine Unterkunft ist hingegen noch nicht fertig, da der bisherige Gast hier noch zu tun hat.

Er arbeitet für ein Riff-Konservations-Projekt, das dafür sorgt, dass die Fischer hier nachhaltig arbeiten.

Wer auch immer hier in bestimmten Zonen  taucht oder schnorchelt, zahlt mindestens $1,50 an Spende (im Dive Resort auf der anderen Seite der Insel sind es sogar $2). Das Geld (2017 über $1000) wird dann in den communities verteilt und hilft ihnen, die Riffe nicht leerfischen zu müssen. So wird der wichtige Ökotourismus genauso wie die Biodiversität langfristig erhalten.

Ich entscheide mich, ins Meer zu springen und ein wenig zu schnorcheln. Die Korallen sind hier weniger Dicht als auf der anderen Seite der Insel. Dafür fällt der Grund etwa 50m vom Strand plötzlich Steil ab. Diese Wand, an der eine irre Anzahl an verschiedensten Korallen aber auch Fischen wohnen, geht mehrere tausend Meter in die Tiefe und ist äußerst beeindruckend anzuschauen.

Ich entdecke riesige Fischschwärme mit kleinen Fischen, die von einem Thunfisch herumgetrieben werden. Spezies wie „Lemon Sweetlip“ und many Spotted Sweetlips. Skalare und Nemos.

Leider hält meine Schnorchelmaske nicht so gut, ich vermute weil mein Bart in den letzten Wochen etwas strubbelig gewachsen ist und die Maske nicht so gut abschließt. Auf jeden Fall habe ich öfter Wasser in den Augen und im Mund (es ist so eine Vollgesichtsmaske, die ich mir wegen ihrer GoPro-Halterung gekauft habe) als mir lieb ist und mache mich dann lieber zurück ans Ufer.

Mittlerweile hat sich das Wasser ganz schön zurückgezogen, was mich in Bedrängnis bringt. Ich komme auf dem Rückweg gefährlich nahe an die Korallen heran, das herausziehende Wasser hindert mich am navigieren und ich bin am Ende froh, dass ich mich nicht irgendwo aufschlage oder aufkratze.

Zurück am Bungalow ist immer noch nicht viel passiert. Der vorige Gast ist zwar ausgezogen und es wird geputzt, aber „Eile“ ist hier ein komplettes Fremdwort. Die Hängematte ist leider immer noch nicht zu gebrauchen und so lege ich mich auf einem Holzboden in den Schatten und ruh mich eben dort etwas aus.

Dann bitte ich Leute, mir eine Kokosnuss vom Baum zu holen. Ich kriege zwei, die ich ohne Strohhalm direkt trinke, was die Feuchtigkeit meines T-Shirts ordentlich fördert. Besonders bei der zweiten, die ein kleines Leck hat und überall hinsifft. Nun, ist nur Kokoswasser und den Sand aus allen Ritzen meiner Kleidung und meines Körpers zu bekommen wird morgen abend ein deutlich schwierigeres Thema.

Schließlich creme ich mich nochmal gegen die Sonne ein und laufe beide Richtungen den Strand entlang. Dann fotografiere ich eine Hausbesetzerszene:

Die Flut hat ein paar schöne Schneckenhäuser und Muscheln hinterlassen und eine Gruppe Einsiedlerkrebse (oder ähnliches), macht sich Ameisenhaft daran, die reiche Beute abzutransportieren.

Hier ist nicht viel Los.

Gelegentlich läuft mal wer den Strand hinauf oder hinab. Eine Mutter und ihre drei Kinder zum Beispiel

Oder eine Dame mit einem Holzbündel

Ein paar streunende Hunde, ein Schwein und einige Hühner. Als die Sonne bereits untergegangen ist, gehen ein paar Leute zum Speerfischen los, das kann ich aber mangels Licht nicht mehr fotografieren.

Dafür entdecke ich tags drauf diese schöne Fotoreportage über die „Meerjungfrauen von Adara“ (Link zu Facebook)

Dafür ist der Sonnenuntergang aus dem Bilderbuch,

und so versinkt schließlich ein roter Ball im Meer.

Auch danach: 80er-Jahre-Sonnenstudio-Kitschtapete. Wow.

Der Rest des Abends: Hängematte. Und Sterne fotografieren. Die Lichtverschmutzung ist hier nämlich null komma null.

So der Plan.

Nach dem Abendessen nutze ich das Restlicht, um Fotos zu machen,

dann die Sternenklare Nacht.

Ich laufe den Strand entlang, mache noch mehr Fotos.

Und dann stoße ich auf eine Gruppe von Jungs aus dem Dorf. Der Vater von Mario, dem Besitzer unserer Strandhüttensiedlung ist gestorben, dementsprechend gerade die ganze Familie vor Ort. Marios Bruder, Gomez (jaja hihi, Mario Gomez, wie die Jungs das lustig finden hier. Deutsche Fußballer sind hoch im Kurs), lebt in der Nähe von London, arbeitet in einem Restaurant. Sein Cousin, Nelson, spricht besseres Englisch, studiert in Dili Management. Er will mehr üben, besser englisch lernen. Vielleicht einen Master im Ausland machen. Die Jungs sind alles Freunde und nutzen das Beisammensein für ein Besäufnis. Es wird irgend ein lokales Gesöff serviert. Weisswein mit Ananassaft oder so? Mit Schnaps? Ich verstehe nur halb was das ist, aber probiere es natürlich. Stark, süßlich, sicher nicht mein neuer Lieblingsdrink aber geht schon. Wir trinken aus Kanistern und machen Fotos miteinander.

Plötzlich: Aufregung. Es gibt hier nämlich kein Mobilfunksignal, nur ganz selten, plötzlich ist ein WLAN verfügbar. Es wird gerätselt, bis ich die Leute enttäuschen muss: Es ist meine Spiegelreflexkamera, von der ich auf diese Weise Bilder auf mein Smartphone laden kann.

Wir unterhalten uns über dies und das, ich zeige meine Sternenfotos. Nelson ist super interessiert. Wie ich das wohl mache? Wir gehen hinaus und schießen noch ein paar Langzeitbelichtungsfotos. Ich versuche ihm zu erklären, wie das mit der Belichtung läuft, dass der Sensor lange braucht, bis das Sternenlicht darauf fällt. Einfache Physik, aber Physik hatte er nie in der Schule…

Meine Physikkenntnisse sind zwar ausreichend, aber nicht immer abrufbar. Und so denke ich nicht daran, dass zwei Minuten Belichtungszeit zwar schön viel Licht auf den Sensor bringen, sich aber eben auch die Erde in dieser Zeit so sehr weiter gedreht hat, dass die Sterne mehr als kleine Striche denn als Punkte zu sehen sind.

 

Ich gehe noch ein wenig weiter, schieße noch ein paar Bilder von der Bucht im Sternenhimmel. Als ich zurückkehre wird gerade Gitarre gespielt. „Oh oh oh timor! Oh oh ha’u-nia rai!“ (Oh oh oh timor, oh oh mein Land!). Danach: „Knocking on Heavens Door“. Ich kriege Szenenapplaus weil ich immerhin eine Strophe inklusive Text singen kann.

Ob ich die Scorpions kenne? Die mag Nelson sehr. Ich erkläre ihm, dass die aus Deutschland sind und wir stimmen „Wind of Change“ an. Dass das Lied in Deutschland heutzutage vor allem als peinlich gilt, verschweige ich ihm. Ich hätte nie gedacht, dass ich dieses Lied jemals aus vollem Halse singen würde, aber nun ist es so weit. Wieder Szenenapplaus und begeistertes Lachen, weil ich nur ganz wenig Na Na Na singe und ein ordentliches Stück echten Text.

Wir haben eine fantastische Zeit zusammen, hier quasi am Ende der Welt. Im Nirgendwo ohne Netz und ohne Strom.

Und angenehmerweise auch ohne Moskitos. Lediglich ein paar Einsiedlerkrebschen krabbeln zwischen unseren Beinen umher, aber gestochen werden wir von nichts. Dann ist der Wein alle, wir gehen nach Hause. Es ist warm, das Meer rauscht. Ich versuche, in der Hängematte einzuschlafen, finde aber keine ausreichend gemütliche Position und schleiche mich kurz nach elf ins Bett.

Mount Ramelau

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals freiwillig 3 Uhr aufgestanden bin. Vielleicht einmal für einen Flug, aber da ist das mit der Freiwilligkeit auch schon diskutierbar.

Aber Ramelau ist der höchste Berg Timors, gilt als Nationalheiligtum und Pilgerstätte und soll besonders bei Sonnenaufgang spektakulär sein, und nach der Tour von gestern will ich natürlich die Hauptattraktion nicht verpassen.

Ich habe mich um 21 Uhr schlafen gelegt und bin nun mäßig fit, vor allem auch weil mich eine Klimaanlagenbedingte Erkältung plagt. Hilft nichts. Ich ziehe meine Klamotten an, packe zwei Lagen extra-Klamotten in den Rucksack, nebst Keksen, Bananenchips, Wasser und Kamerausrüstung und fahre ein paar hundert Meter mit dem Moped zum Guest House der Französ*innen von gestern. Die drücken mir noch schnell einen Tee auf, und dann geht’s hinaus in die Dunkelheit.

Man kann hier zwar einen Guide bezahlen, aber uns wurde gesagt es sei schon alles nicht so schwer mit dem Weg finden und wir haben eine Kartenapp dabei, die uns detailliert genug erscheint. Trotzdem sind wir schon an der ersten Weggabelung leicht unsicher, finden uns schließlich aber zurecht.

Die ersten drei Kilometer hätten wir auch bequem mit dem Moped fahren können. Unspektakulär und ausreichend befestigt. Am “Tor” zum Bergpfad angekommen, werden wir erstmal von einer ganzen Horde Hunde “begrüßt”, die wir lieber mit ein paar Steinwürfen auf Abstand halten. Sicher ist sicher.

Weiter geht’s erstmal mit ein paar hundert Steinstufen. Was ganz willkommen ist, denn diese Steinwege sind nicht gerade angenehm zu laufen. Danach: hier mal etwas klettern, da kurz ausrutschen, sich aber wieder fangen.

Die Französin ist sehr langsam, ihr Freund dann ebenfalls und ich ziehe immer wieder vorweg, um dann zu warten. Bergauf kann ich nicht anders als schnell.

Immer wieder sieht man auf dem Boden die Reste von Instant-Mie-Nudelsuppen-Packungen. Das ist quasi die indonesische Variante von Instant-Ramen und das ganze Land ist süchtig nach dem Schrott. An unzähligen Hauswänden prangt Werbung für “Mie Sedaap” (die Marke), aber auch Schulen, Sportplätze. Überall Sponsoring. In einem Land mit 70% Mangelernährung, wo unzählige NGOs verzweifelt versuchen, den Leuten “gesunde Ernährung” beizubringen. Es ist ein Drama. Dazu überall die Plastikverpackungen.

Wie ich später erfahre, ist der Berg derzeit für Einheimische gesperrt. Der Wanderweg wurde achtlos vollgemüllt, es gab immer wieder Vorfälle von adoleszenten Timoresen, die ihr Geschlechtsteil an der Marienstatue auf dem Gipfel rieben, das fotografisch dokumentierten und auf Facebook stellten. Nicht gerade respektvoll gegenüber einem Ort der dem Land als Heiligtum gilt. Erst im Herbst soll nach großer Aufräumaktion und verändertem Müllkonzept wieder Eröffnung gefeiert werden.

Uns hält jedoch niemand auf. Etwa 950 Höhenmeter müssen wir bezwingen, neuneinhalb Kilometer. Und das dauert seine Zeit. So lange, dass wir uns die letzten 1000 meter dann etwas sputen müssen. Vorbei an einer Open-Air-Kirche (Foto nach Tagesanbruch geschossen)

den Berg rauf. Der Himmel verspricht gutes, der erste Ausblick knapp unterhalb des Gipfels auch:

Oben weht ein eisiger Wind. Zum Glück habe ich meine nicht-so-ganz-passende-und-auf-keinen-fall-atmungsaktive Jacke mit Hewlett-Packard-Logo dabei. Die Französ*innen waren ähnlich klug und haben sich einfach aus dem Guesthouse jeweils eine Wolldecke mitgenommen. Wir erreichen die Marienstatue auf dem Gipfel noch vor Sonnenaufgang.

Worte können ohnehin nicht beschreiben, wie es dort oben war, und meine Fotos sind recht gut geraten. Also hier:

Wir sitzen herum, frühstücken timoresisches Gebäck, Bananenchips und Indonesische Erdnusskekse und machen uns dann wieder auf den Weg den Berg hinab.

Erste Überraschung: 30 Meter unterhalb des Gipfels ist eine kleine Funkstation, an der ein Mann steht, mit einem Gästebuch. Er will “Ten Dollar”, was natürlich quatsch ist, aber eine kleine Spende tun wir ihm in die Kiste.

Danach geht es weiter, an der Kirche vorbei, immer weiter hinab. Immer wieder mit spektakulären Ausblicken auf das Umland.

 

Leider habe ich meine Kamera nicht schnell genug parat, als uns der nächste Mensch begegnet. Der kommt uns nämlich auf dem 1m breiten Wanderweg mit einer Machete entgegen, hat aber keine Wegelagerei im Sinne sondern vermutlich Forstwirtschaftliche Tätigkeit und grüßt uns freundlich.

Für mich wird der Rückweg zur Qual. Immer wieder muss ich pausieren, weil mein linkes Knie nicht so ganz mitmacht. Die nächsten Tage werde ich zusätzlich zur Erkältung mit fiesem Muskelkater zu kämpfen haben, aber dieser Sonnenaufgang war es wert. Schließlich kommen wir wieder am Wanderwegs-Eingang an

Nachdem wir noch einer Gruppe Pilgerer mit “Wir besteigen Mt Ramelau!”-T-Shirts begegnet sind. Offensichtlich gibts also auch dafür Ausnahmen, was die „Sperrung“ angeht.

Noch einmal Gästebuch eintragen (warum es auch immer zwei hier gibt), dann zum Hotel. Sachen packen und ab geht’s. Den Rückweg haue ich ganz schön rein, trotz Motocross-Strecke, und bin mit kurzem Zwischenstop zum Wassertrinken nach dreieinhalb Stunden wieder in Dili. Vermutlich Rekord, wenn man nicht im selbstgefährdenden Bereich fährt. Ein bisschen mache ich mir noch Sorgen um die Französ*innen: Es ist Sonntag und die gesamten 18km Feldweg zur Hauptstraße begegne ich keinerlei Verkehr. Ich hoffe sehr, dass sie nicht den ganzen Weg laufen mussten und irgendwie noch am gleichen Tag nach Dili zurück gekommen sind.

Den Rest des Tages verbringe ich mit Bilder-Sortieren und immer kränker werden. Ich schaue nochmal kurz beim Hostel vorbei, um die Lampe und zwei Expander (die ich nicht gebraucht habe) zurück zu geben, esse noch fix zu Abend und dann war’s das auch schon für dieses Wochenende. Gar nicht so viel zu erzählen, wenn die Fotos alles sagen.

Von Dili nach Hata Bulico

Ich habe mal wieder ein Motorrad. Dank an die Kollegen von World Vision. Da ich es mit leerem Tank in Empfang nehme, ist der erste Stop die Tankstelle. Ich fahre dort ein, werde gefragt, wieviel ich denn möchte? Natürlich sage ich „voll, bitte“.

Daraufhin bricht die Kollegin der Frau, die mich bedient, in schallendes Gelächter aus. Mein weniges Tetum reicht aus, um zu interpretieren, was sie sagt, nämlich in etwa „Bist du dumm? Das ist ein Malae! Malaes wollen immer den Tank voll!“

Tja.

Alle nicht-Timoresen sind übrigens Malae. Ganz egal ob sie aus Malaysia (ich vermute das Wort kommt daher?) oder eben aus Deutschland kommen… Und wenn du mit dem Moped im Hinterland herumfährst wird das aufgeregte Geschrei von Kindern immer größer, je kleiner die Siedlung ist. “Malae! Malae! Malae!” tönt es aus vielerlei Kinderstimme und alle kommen sie angerannt um den weißen Mann auf dem Motorrad anzugucken.

Jetzt wo ich das Rad habe, kann ich auch Pläne fassen. Dieses Wochenende nicht nach Atauro. Dummerweise ist es in den Bergen extrem staubig und ich habe nicht wirklich passende Klamotten eingepackt.

Zum Glück gibt es aber gerade ums Eck von meiner Unterkunft, entlang eines Kanals, einige Läden in denen (vermutlich australische) Kleiderspenden verkauft werden. Ich zahle Malae-Preis für eine Hose, die mir immerhin am Bund passt und eine Jacke, die über keinerlei Atmungsaktiviät verfügt. Aber besser so, als meine guten Klamotten komplett zustauben zu lassen.

Ich habe beschlossen, nach Maubisse zu fahren, 25 Minuten hinter Aileu. Da ist  aber alles ausgebucht, wegen einer Festlichkeit. Also wird mir geraten, doch einfach bis Hata Buliko zu fahren, und auf den höchsten Berg des Landes zu wandern. Ramelau ist fast 3000m hoch und es soll dort arschkalt sein. Aber immerhin habe ich jetzt eine Jacke, in der ich garantiert schwitzen werde.

Ich hänge mal wieder im Hostel ab, dort ist unter anderem ein Deutscher, der seit 18 Monaten mit dem Motorrad durch Asien unterwegs ist, und eine Österreicherin, die gerade von Ramelau zurückgekommen ist, und mir freundlicherweise ihre Stirnlampe leiht. Dankeschön!

Am nächsten Morgen geht es dann los. Ich creme mich ordentlich gegen die Sonne ein, denn losfahren will ich erstmal mit T-Shirt. Mal sehen, wie das so mit den Staubwolken ist. Und tatsächlich komme ich, viele Kurven und ein bisschen Motocross später, auch an der gut ausgebauten Hauptstraße in den Bergen an.

Von dort aus geht es über ein, zwei Pässe weiter. Mal ist das Land eher grün, dann wieder von ödem Gestrüpp beherrscht. Ich vermute, das war nicht immer so, aber warum genau das Land so karg aussieht, vermag ich nicht zu sagen.

Eine knappe Stunde später bin ich in Maubisse. Wo erwartungsgemäß die Hölle los ist. Stellt sich raus, dass ein Mitglied des Parlaments heiratet, was auch erklärt, warum ich von einer mit der Polizei eskortierten Limousine überholt wurde. Auf die Pousada soll ich, wurde mir gesagt. Und tatsächlich, die Aussicht ist wunderschön.

Weniger schön ist der Preis. 15 Dollar für fünf lauwarme und furztrockene Hühnchenstücke, dazu Reis, Pommes, ein bisschen Gemüse und Salat. Immerhin treffe ich beim Essen drei Timoresinnen, die allesamt einen eher gehobenen Eindruck machen und sich auch nur auf Englisch miteinander unterhalten. Zwei sind zur Hochzeit eingeladen und verbringen eine längere Zeit mit Schminken und umziehen, die dritte kommt hier aus der Gegend und hat die Gelegenheit genutzt, ihre Familie zu besuchen und Chauffeurin für die anderen zu spielen.

Von Maubisse geht es dann weiter durchs Tal und auf der anderen Seite auf einen Gipfel. Um wirklich hochzukommen, muss man quasi Querfeldein, aber die Aussicht lohnt sich allemal.

Nebenan ist eine kleine Kapelle, traditionell Timoresisch erbaut.

Und daneben ein Friedhof.

Ich treffe auf eine alte Frau, die sich bereitwillig porträtieren lässt,

bevor ich noch ein bisschen herum laufe, ein paar Pferde scheu mache

und noch ein paar Minuten sitzenbleibe. Es könnte fast Schottland hier sein, auf 2000 Metern über dem Meeresspiegel, wenn nicht die Palmen wären…

Von der Hauptstraße aus geht es dann in die Pampa. Schotterpiste wäre zu viel gesagt, es gibt hier mehr Schlaglöcher als Straße und die Straße ist im Prinzip eine Anhäufung von Faustgroßen Steinen die nebeneinander platziert und festgetreten wurden. Etwa 500m auf dem Weg begegne ich einem Französischen Pärchen, die ebenfalls nach Hata Bulico wollen. Allerdings zu Fuß oder so. Ich denke mir “das wird schon” und fahre weiter. Als ich in der ersten Ansammlung von Häusern nach meiner Unterkunft frage und erst der dritte Mensch weiß, was ich meine, denke ich mir noch nichts. Beim dritten mal wundere ich mich schon. Insgesamt 18 Kilometer, über eine Stunde bin ich dann unterwegs, und ernsthaft besorgt ob der beiden “Mitreisenden”.

Ich komme an, checke im Gasthaus ein, was tatsächlich relativ westliche Standards hat. Dann begebe ich mich auf die Suche nach einem Geschäft, das mir Wasser verkauft. Orientierunslos stapfe ich durch die Gegend und werde von einem Mädchen namens Chang angesprochen. Sie spricht verhältnismäßig gut Englisch und will ein Selfie mit mir. Dann bietet sie mir an, den Weg zum Kiosk zu zeigen. Ob ich ihr dafür einen Dollar gebe? Möchte ich eigentlich nicht, was wenig mit Geiz zu tun hat, aber als wir dann von Kiosk zu Kiosk ziehen (und keiner Wasser verkauft), schenke ich ihr neben einer Packung Kekse auch noch ein paar Dollar Telefonguthaben. Sie ist aufgeweckt, klug. Spricht besser Englisch als die Macker-Jungs, denen wir begegnen. Als ich ihr erzähle, dass ich Computer programmiere (stimmt zwar nicht ganz, aber meinen Job zu erklären halte ich für noch unmöglicher) kriegt sie leuchtende Augen. “Oh das will ich auch! Wir haben hier einen netten Australier der uns Sachen am Computer beibringt!”. Wir unterhalten uns über dies und das, steigen über einen Bach und laufen über einen Feld. Die Kioske haben kein Wasser. “We have to go to China!”.

Was sie meint, ist der Chinesenladen. In Timor werden die größeren Stores immer von Chinesen betrieben. Auch in Hata Bulico. Der verkauft haufenweise Plastikkrempel und immerhin auch Wasserflaschen. Chang erzählt mir, wie gerne sie mehr Englisch lernen würde, aber hier im Dorf geht das nicht. Klar war sie schonmal in Dili, sie fährt da öfter hin, um Gemüse zu verkaufen. In Dili würde sie auch gerne studieren. Aber das ist so teuer. Und ausserdem muss sie auf ihre zwei kleinen Geschwister aufpassen. (Sie ist die zehnte von 12 Kindern) und ihre Nichten. Und die Eltern, die Wohnen in Ermera, ein Distrikt weiter, ganz weit weg. Ob sie einen Boyfriend hat? Nein, erstmal Schule fertig machen. Das bedeutet: Danach dann Hochzeit, Kinderkriegen, vermutlich Hausfrau werden für einen deutlich weniger aufgeweckten oder interessierten Ehemann. Wenn sie Glück hat, dann gehört sie nicht zur überwiegenden Mehrheit der Frauen in Timor-Leste die physische oder sexuelle Gewalt erfahren. Mehr kann sie vom Leben nicht erwarten.

Es bricht mir das Herz. Aber individuelle Fälle lösen, das werde ich nicht können.

Die Franzosen sind übrigens in ihrem Guesthouse angekommen. Auf der Ladefläche eines Pickup-Trucks, neben einem Schwein und einer Ziege. Ich gehe dann zurück ins Hotel, esse noch zu zu Abend und gehe früh schlafen. Denn am nächsten Morgen muss ich um 3 Uhr aufstehen, um rechtzeitig zum Sonnenaufgang auf dem Berg zu sein.

Nein, halt. Eine Sache mach ich dann doch noch. Schließlich befinde ich mich so sehr im Nirgendwo, dass andere Nirgendwos neidisch wären. Also gehe ich hinaus, einen Feldweg (nagut, die Hauptstraße) entlang und lege meine Kamera auf den Boden. Mit 30 Sekunden Belichtungszeit sieht der Himmel dann so aus.