Reisen kann anstrengend sein. Das merkt man dann irgendwann, wenn man glaubt, sich haufenweise Parmesan auf die Pasta geladen zu haben, um dann festzustellen, dass es sich dabei um Salz handelt.
Aber von vorn: Ich habe nur knapp sechs Stunden Schlaf, springe aus dem Bett und komme gerade aus der Dusche als der Hotelmensch klopft. Fahrer ist da! Ich beeile mich beim packen, eile zur Rezeption, bezahle Zimmer und Taxi und springe in letzteres. Der Hotelmensch kommt hinterher gehechtet, wo denn eigentlich mein Schlüssel sei? Hektisches Suchen, ich packe meinen dicht gestopften Rucksack um, nix. Dann Entwarnung, war doch in meinem Zimmer.
Auf zum Flughafen, ist ja noch genug Zeit, nicht zuletzt, weil ich ja schon online eingecheckt habe. Das wiederum hilft nicht allzu viel, denn mein Online-Ticket gefällt der Security nicht und ich muss zum Schalter, um mir eines ausdrucken zu lassen.
Überhaupt ist die Bürokratie, oder Security, hier höher als im Mutterland der Paranoia (ich meine das Land in dem ein Orang-Utan regiert, hier leben die ja nur). Hier werden dir Feuerzeuge abgenommen, beim Flug nach Australien auch wirklich jedes Handgepäckstück nochmal extra durchsucht und sogar die im Sicherheitsbereich gekauften Wasserflaschen weggenommen und irgendwie fühlt sich vor allem morgens um halb 8 alles übertrieben an.
Irgendwann sitze ich im Flieger und schlafe so halb ein, als ich von meinem Sitznachbar geweckt werde, denn es wird ja Essen serviert. Kann man sowas noch als „andere Länder andere Sitten“? Ich bin auf jeden Fall etwas fassungslos, wegen Airline-Essen geweckt worden zu sein.
Der Landeanflug auf Dili ist wunderschön und das Wetter ebenso. Wie sich später herausstellt, gab es kürzlich südlich von Ost-Timor einen Zyklon, der den ganzen Regen weggesaugt hat. Vom Flugzeug aus sieht man aber auch, wie riesige Flüsse das Land zerpflügen.
Ich werde vom WorldVision-Fahrer abgeholt, wir fahren ins Hotel, danach kurz was essen (Frittiertes Hühnchen mit lauwarmem Gemüse was irgendwas aus einem Teil der Bananenstaude ist und so ein bisschen die Konsistenz von Artischockenherz hat), danach ins Büro, Sicherheitsbelehrung. Nachts nach Acht nicht durch die Straßen laufen, schön vor Malaria und Dengue vorbeugen und kein Leitungswasser trinken.
Kurz ins Hotel, Reisepass geholt, damit Sim-Karte gekauft und zum ersten Mal richtig Internet an diesem Tag. Nochmal ein Meeting, dann Freizeit.
Ich möchte herausfinden, was ich denn an meinem freien Wochenende so tun kann und gehe um die Ecke zu einem der wenigen Backpacker-Hostels hier. Das wird von einer Australierin betrieben, die seit 1999 hier ist, wo sie als Beobachterin für das Unabhängigkeitsreferendum eingesetzt war.
Ein kurzer Exkurs in die Geschichte des Landes folgt in den nächsten Tagen, das ist ein ganz eigener Post.
Wir unterhalten uns etwa zwei Stunden, während wir Popcorn mampfen und Wasser trinken. Über die Geschichte, über
die Gegenwart, über die Zukunft, Tourismus, Wirtschaft und Politik.
Was ich am Wochenende machen kann? Alles ist unfassbar teuer. Und ich meine nicht „für Südostasien-Verhältnisse“, sondern ich meine „teilweise selbst für Deutschland“.
Indonesisches Bier, 0.33 in der Bar: 4 Dollar.
Hotel: 70 Dollar für etwas, das in Deutschland nicht als Absteige durchgehen würde.
Zweitagestrip auf den höchsten Berg des Landes mit Übernachtung und so? 450 Dollar. (Gut, da könnte man sich den großteil Teilen aber dazu bräuchte man Leute die da Bock drauf haben).
Weitere Preise: Motorrad mieten pro Tag 25 Dollar, Pizza 15 Dollar, Fähre zur Insel 15 Dollar, lokales Essen preiswert aber davon ist aus gesundheitlichen Gründen (komische Parasiten, die Durchfall verursachen) größtenteils abzuraten, wobei ich inzwischen einen Laden weiß, der wohl ganz ok ist.
Plan also: Ausschlafen, zum Strand, rumhängen, nixtun und am Sonntag auf eine nahe gelegene Insel. Die Fähre braucht etwa anderthalb Stunden.
Dann kurz zum Laden, Wasser kaufen und meinen Kontakt hier treffen, der für seine Freundin eine Abschiedsparty organisiert hat. Die wiederum fliegt morgen zurück, obwohl sie eigentlich Montag wollte. Aber ihr Reisepass wurde samt Handtasche geraubt und Indonesien akzeptiert keine vorläufigen Pässe (siehe oben, die haben’s mit der strengen Bürokratie). Also muss sie über Singapur fliegen und der Flug geht nur zwei Mal die Woche.
Wir treffen uns in einer Dachbar am örtlichen Einkaufszentrum, da ist Happy Hour und die halbe Expat-Community ist am Start. Und so begegnet man unter anderem dem anderen Betreiber eines der wenigen örtlichen Hostels, oder auch dem brasilianischen Botschafter.
Wir trinken Bier, unterhalten uns, und irgendwann gehen wir Essen. Eigentlich wollte ich in Asien ja kein westliches Essen zu mir nehmen aber hier ist das alles andere als einfach, zumal jetzt schon alles zu hat und die Expats Pizza wollen. Also zur „Osteria Italiana“ (wie soll man so einen Laden hier auch sonst nennen) und Essen bestellen. Die Osteria ist ein wenig überfordert, meine Pizza kommt nicht oder wurde von jemand anderem in Anspruch genommen, das wird zu spät bemerkt, dann ist der Teig schon alle. Also kriege ich Spaghetti und den Rest der Geschichte habe ich als Einleitung geschrieben.
Das wiederum ist ein gutes Zeichen für mich, ins Bett zu gehen.
Der nächste Tag beginnt langsam. Ich werde zweimal von der Dame geweckt, die mein Zimmer putzen möchte, stehe schließlich um 14 Uhr auf und laufe zu einem Café um die Ecke, das – und ich meine das ernst – den besten Kaffee der Welt serviert. Die Qualität ist trotz einer Kaffeemaschine, die nur Mittelmaß ist, mindestens genauso gut wie die hippen Läden in Berlin oder Hamburg, eher besser. Der Wahnsinn. Ich mache mir fortan Gedanken, wie viel Kilo ich wohl irgendwo noch in Gepäck und Hosentaschen unterbringen kann.
Im Café lerne ich Robert kennen, ein Australier, der früher mal Journalist war und seit einigen Jahren hier seinen Ruhestand verbringt. Faszinierender Kerl. War im Vietnamkrieg (vier Wochen auf „intelligence Gathering mission“), war 1989 als Reporter beim Tiananmen-Massakker, hat danach Discotheken betrieben und als Bush-Taxi-Fahrer gearbeitet, während er lokale Politiker beraten hat. Schließlich kam er als Policy Advisor für eine Ministerin nach Osttimor und blieb dort.
Wir unterhalten uns mehrere Stunden über alles, vor allem die Situation des Landes, gehen dann beim Indonesier essen und hängen dort schließlich herum, als es anfängt zu sintflutartig zu Regnen. Roberts Timoresische Tochter entscheidet schließlich durch den Regen zum Backpacker-Hostel von gestern zu rennen und uns Regenjacken zu holen, und so landen wir schließlich auch dort.
Schließlich bleibe ich dort den ganzen Abend, nachdem ein italienischer Gast für alle Pasta gekocht hat und der Regen vier Stunden lang auf vollen Touren läuft. Nette Gruppe hier, eine Mischung aus Reisenden, freiwilligen und hier lebenden Expats, ein Israeli, ein paar Australierinnen, ein Schotte, zwei Italiener…
Dank Regen ist damit auch mein Plan, zum Sonnenuntergang auf den Berg mit der Christusstatue zu wandern und ein bisschen am Strand abzuhängen erstmal abgesagt. Mach ich aber noch.
Nett aber auch nicht allzu berichtenswert. Und damit gehe ich dann früh ins Bett, denn morgen heißt es, um 6:30 Uhr aufzustehen und zur Fähre.
Mehr Fotos gibt es nicht. Ich habe mich nur maximal von zwei Blocks von meinem Hotel weg bewegt und hier ist es eher trostlos.
Immerhin war ich als großer weißer Mann faszinierend genug für einen Timoresen, der ein Selfie mit mir wollte.